HELMUT LODER'S Adventkalender
Der große Weg |
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9 Von Kreuzgängen und Übergängen
Ein Rundweg des Glaubens

Auf unserer Entdeckungsreise der (Lebens)Wege stoßen wir heute auf Kreuzgänge und Übergänge. Viele mittelalterliche Klosteranlagen weisen einen sogenannten Kreuzgang auf, einen meist gewölbten Wendelgang im viereckigen Innenhof, der sich in Arkaden (auf Säulen oder Pfeilern) öffnet. Kreuzgänge haben etwas ungemein Beruhigendes an sich. Sie sind gleichsam eine eindrucksvolle Architektur der Stille, der Meditation. In diesen Kreuzgängen wandelten die Mönche im Gebet, im Schweigen auf und ab. Sie waren unterwegs, sie gingen und hörten in der Stille die Worte der Schrift.

Ein eigener Reiz liegt in diesen Kreuzgängen, ob wir sie im Stift Zwettl oder in Neuberg an der Mürz aufsuchen, überall verströmen die Kreuzgänge Besinnung und Konzentration auf das Schweigen, das der Seele so gut tut. Aus dem steingewordenen Rundgang wird ein Vorgang, der den Menschen erfüllt und in ihm manches zum Klingen bringt.

Ein zweites vielschichtiges Wort: der Übergang. Mir fällt dazu der Grenz-Übergang ein, der Pass, den es zu überwinden gilt, der Übergang im Flugzeug von einer Klima- oder Zeitzone in die nächste, der Übergang von einem Ufer zum anderen. Oder der Übergang von der Helligkeit des Tages zur Dunkelheit der Nacht. Hinüberdämmern, ein leiser Übergang zur Stille. Hinübergehen, von der Hektik zur Ruheübergehen. Grenzen überwinden, Grenzgänger werden.

Sind dies nicht alles Vorgänge, die auch mit unserem Leben zu tun haben?

In diesen Tagen des Advents verläuft der Prozess der Veränderung, dass es früher dunkel wird, langsamer, geduldiger, unmerklicher und fließend. Die grellen Übergänge sind kein Kennzeichen dieser Zeit. Da passt es gut dazu, dass wir mit Kerzen - auf dem Adventkranz - den Übergang gestalten und bestimmen. Langsam wächst die Fülle des Lichts. Der grüne Kranz als Sinn-Bild für den Kreuzgang" in Stille. Das ruhige altmodische, aber so sehr geschätzte Licht der Bienenwachskerzen verweist auf eine andere Art des Umgangs, des Staunens über die Weisheit der Besinnung. Im Licht der Kerzen lernen wir neu sehen, niemand wird Übergängen.

Wir leben zwar in einer Zeit der überschäumenden Beleuchtung, alles wird unbarmherzig ausgeleuchtet und bestrahlt, aber trotzdem fühlen sich die Menschen oft übergangen", nicht genug beachtet, und ernstgenommen. Kerzen dagegen zwingen uns, sanfter hinzuschauen, näher zu kommen, zusammenzurücken, das milde, zärtliche Licht in Worte und Gefühle auszudrücken. Gott geht in die Finsternis, zu denen, die still und ohne Aufhebens ihr Leben gestalten.

Gott übergeht niemanden, übersieht niemanden, das ist die tröstliche Botschaft des Advents. Ein Vorausgang in herzlicher Liebe. Der Advent ist Kreuzgang und Übergang, Lichtquelle für das Zusammengehen. Die Grenzen lösen sich auf. Gott geht uns nahe.

Heute könnten wir
+ ... im Licht einer Kerze ein adventliches Wort nachklingen lassen, schweigen oder ein meditatives Lied singen.
+ ... selber Bienenwachskerzen als Geschenk für eine liebe Person drehen.
+ ... wie die Mönche in einem Kreuzgang schweigend langsam in der Klasse oder in der Kirche oder in der freien Natur eine Zeitlang auf- und abgehen.