HELMUT LODER'S Adventkalender
Der große Weg |
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12 Wo ist hier bitte der Ausgang?
Labyrinthe und andere Wege

Ein häufig vorkommender(Alp)Traum: In einem dunklen Raum stehen und die Tür nicht finden. Den Ausgang nicht sehen. Nicht wissen, wo es hinausgeht. Eine schreckliche Vorstellung: Gefangensein, eingesperrt sein.

Oder die reale Erfahrung machen: In einem Hochhaus mit unendlich vielen Türen und Treppen den Ausgang nicht - sofort - finden. Zuerst verärgert, dann verzweifelt sein. „Wo ist hier bitte der Ausgang?" Aber nicht nur im Traum gilt es, die richtige Tür zu finden. Das Tor zum Paradies.

Wege können vielerlei Gestalt haben: Die mehrspurige Autobahn, der grasbewachsene Feldweg, die kleinen Wege im Garten, der Kiesweg im Park, der moosbewachsene Waldpfad, die herbstliche Allee. Wege, die uns hilfreiche Sinn-Bilder sind für die vielen verschiedenen Situationen im Leben.

Im Advent gibt es auf vielen Karten das Motiv des verschneiten Waldweges, manchmal sind nur ein paar Fußspuren zu sehen, rundherum unberührte Natur. Dieses Motiv irritiert mich, weil ich glaube, dass es nicht stimmt und „stimmig" ist. Vielleicht sollten wir neue Bilder für unseren Weg nach Weihnachten suchen?

Zum Beispiel: Das Labyrinth. Als „Labyrinth" bezeichnete man im Altertum einen Bau mit vielen irreführenden Gängen und Kammern. Man konnte sich darin verirren und umkommen, weil man den Ausgang nicht fand. Die christliche Kunst hat dieses Motiv übernommen, es aber anders gedeutet. Im Labyrinth verliert man sich nicht, es ist kein Irrgarten mehr, sondern ein Weg in die Mitte. Ein Weg hin zum Wesentlichen, zur Mitte der Welt.

In der Kathedrale von Chartres wurde im 13. Jahrhundert ein Labyrinth mit einem Durchmesser von 13 Metern im Mittelschiff in den Boden eingelassen. Die Gläubigen, die die Kirche betraten, mussten über das Labyrinth gehen oder knien, um zum Altar zu gelangen. Im Labyrinth von Chartres ist eine Kreuzform zu sehen. Die Mitte ist der auferstandene Christus. Wer von außen sich auf den Weg des Labyrinths begibt, steuert zwar anfangs direkt und ungehindert auf die Mitte zu, wird aber bald an die Peripherie geschickt, kehrt wieder zurück zum Innersten, um wiederum nach außen zu gelangen und von neuem die Mitte zu suchen.
Der Weg des Labyrinths steht für alle Wege menschlichen Suchens und Erkennens. Advent ist die Suche nach der Mitte. Nach dem Gott, der uns den Ausgang gezeigt hat, der uns nicht umkommen lässt im Irrgarten. Der mit und für uns Türen öffnet, auf dass wir ohne Angst ans Licht streben. Gott ermutigt uns, ihn zu suchen in jedem Kind, das von seiner Liebe erzählt.

Advent ist nur auf den ersten Blick (wie) ein Labyrinth mit vielen Nebenkammern, Sackgassen und Irrläufern, die von der Mitte, dem Ereignis der Menschwerdung, wegführen. Lassen wir uns nicht ablenken, suchen wir die Mitte, die uns das Leben verheißt.

Heute könnten wir
+ ... eine Krippe in der Gestalt eines Labyrinths zeichnen oder
basteln, in der Mitte der Stall zu Bethlehem.
+... niederschreiben: „Für mich ist die Mitte.... "
+... zusammentragen, was uns im Advent ablenkt, wegführt
vom Wesentlichen.