HELMUT LODER'S Adventkalender
Der große Weg |
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13 Ich geh ... in mich
Die längste Reise

Advent: Das ist nach einem Klischee, nach der Idealvorstellung die Zeit der Stille, Ausspannen, Ausrasten, ruhig werden. Leicht gesagt. Bei dem Wirbel der Zeit, bei dem Trommelfeuer der Werbung und Einladungen für Feiern, ein gewaltiges Unterfangen. In sich gehen! Sich einmal auf sich konzentrieren! Sich selbst wahrnehmen! Leicht gesagt.

Aber ist es nicht so, wie Robert Lembke sagte: „Die unbequemste Art der Fortbewegung ist das In-sich-Gehen", oder wie Dag Hammarsköld meinte:
„Die längste Reise ist die nach Innen." Advent trägt einen großen Anspruch in sich: Die Zeit der Stille und Besinnung zu sein. Wie wär’s mit der billigsten Traumreise, die es gibt, mit einer Reise zu sich selbst? Wer in sich geht, braucht keine Siebenmeilenstiefel, keinen Wohnwagen, Autobus oder Flugzeug. Wer in sich geht, braucht nur ein wenig Zeit, um mit sich vertraut zu werden, Offenheit und Sehnsucht, Geduld und Kraft, sein wahres Ich aushalten zu lernen. Am besten, ihr malt ein Schild, wenn ihr euch zurückzieht, auf dem geschrieben steht: Bitte nicht stören, ich gehe in mich!

Die meisten Religionen kennen die Vorstellung von einem „heiligen inneren Bezirk". Wie in der Mitte des Taifuns, im Auge des Orkans alle Stürme zum Stillstand kommen, so ist der innerste Raum des Menschen ein Ort äußerster Ruhe und Gelassenheit. Jeder von uns kennt die Sehnsucht nach diesem Ort, in dem wir zu uns selber kommen können und aus dem heraus wir unserem Leben Ordnung und Sinn geben. Mystik gilt als der Weg zu diesem inneren Raum, die Suche nach einem tragenden und bergenden Grund.

Es ist ein tröstliches Bild, „zu sich selbst einzugehen" und gerade im Innersten Gott zu begegnen. Eine - vielleicht schon bekannte - Geschichte lässt die Erfahrung der Stille anschaulich werden:
„Eines Tages besuchen einige moderne Menschen einen einsamen Mönch und fragen ihn, was er für einen Sinn in seinem Leben in der Stille sehe. Der Mönch ist eben damit beschäftigt, Wasser aus einem tiefen Brunnen zu schöpfen. Er fordert seine Besucher auf, in den Brunnen zu schauen: „Was seht ihr dort?" Angestrengt blicken die Leute in den Brunnen. „Wir sehen nichts." Etwas später fordert der Mönch sie erneut auf, in den Brunnen zu schauen. Seine Besucher tun dies und sehen sich selbst. Da erklärt ihnen der Mönch: „Als ich das Wasser schöpfte, war das Wasser unruhig. Jetzt ist das Wasser ruhig wie ein großer schwarzer Spiegel. Das ist die Erfahrung der Stille. Man erkennt sich selber." Laotse hat erkannt: „Wer andere kennt, ist klug; wer sich selbst kennt, ist erleuchtet."

Der Advent ist eine wunderbare Einladung, in den großen schwarzen Spiegel der Stille zu sehen und sich selber zu fragen: „Was bedeutet mir diese Zeit wirklich? Was lässt mich leben? Was zerstreut mich? Wie gehe ich mit der Stille um?" Einmal im Advent eine Traumreise nach Innen machen, das wär doch was, oder nicht?

Heute könnten wir
+... auf ein Blatt Papier schreiben: „Wenn ich ganz still bin, höre ich ..." oder als Metapherübung: „Stille bedeutet für mich..."
+ ... 5-Minuten-Schweige- oder Stillezeit im Laufe des Tages vereinbaren.
+ ... zu Sprüchen und Zitaten über Stille ruhige, meditative Bilder/Fotos suchen und auf die Klassenwand hängen: „Die größte Offenbarung ist die Stille." (Laotse) oder „Einmal muss Stille in dir sein, einmal kehr bei dir selbst ein." (Friedrich Wilhelm Weber)