HELMUT LODER'S Adventkalender
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23 „Schwangerschaft und Weihnachtsstern“
Advent in einem Blumenladen

Der Verkaufsraum im Blumengeschäft gleicht einer großen Empfangshalle. Die straßenseitig durchgehende Glasfront und das riesige Glasdach lassen es auch am späteren Nachmittag taghell sein. Es ist angenehm warm im Raum. Schnee leuchtet weich von oben und außen auf die einladend aufgebauten Adventgestecke, Topfpflanzen, Schnittblumentöpfe und Blumenarrangements. Fast wie mit dem Weichzeichner präsentiert sich die Ansicht. Auffällig sind die unzähligen adventlichen Dekorationsobjekte und Kunsthandwerkselemente, glitzernde Sterne, Silbermonde, die überall hängen oder wie zufällig an den Blumen befestigt sind. Sogar ein paar kleine Krippenmodelle kann ich entdecken. Stilgerecht mit Rinde und neuen kreativen Beigaben. Man merkt: Es ist Advent.

Hinter der Verkaufstheke eilen mehrere Verkäuferinnen zielstrebig und geschäftig hin und her. Es gibt jede Menge Arbeit im Advent. Die Adventkränze sind um diese Zeit zwar längst bei den Leuten, aber dafür brauchen die Menschen Gestecke für zuhause oder für den Friedhof, Blumen für einen festlichen Anlass und immer wieder wird die Frage nach den Christbäumen im Topf gestellt. Außerdem brauchen die Blumen gerade jetzt viel Aufmerksamkeit und Pflege. Kein Winterschlaf für die angrenzende Gärtnerei. Auf einem niedrigen Podest stehen zahlreiche Weihnachtssterne mit roten und weißen Blüten zum Verkauf bereit. Die beliebten Weihnachtsgeschenke in Grün für ältere Familienmitglieder beziehungsweise für all jene, die sich über ein lebendiges Zeichen der Zuneigung freuen, sie stehen hoch im Kurs. Die Heimat des Weihnachtssterns sei übrigens Mexiko und er bevorzuge einen hellen, gleichmäßig warmen Platz und zimmerwarmes Gießwasser, erzählt mir die Verkäuferin. Bei guter Pflege könne er auch nächste Weihnachten wieder blühen. Beliebt, geschätzt und gern gekauft, der Weihnachtsstern in Grün. Für nicht wenige gehört diese Blume zur Festgestaltung unverzichtbar dazu.

Als eine Verkäuferin um das Verkaufspult herumgeht, sehe ich, dass sie schwanger ist. Der schon deutlich erkennbare Bauch zeigt mir an, sie ist (in) „guter Hoffnung“. Eine seltene, wenig gebräuchliche, umgangssprachliche Formulierung für den etwas anderen Zustand, der so vielen und so viele Umstände macht. Zweifellos wird es in den kommenden Wochen und Monaten für die Schwangere körperlich und psychisch umständlicher und schwieriger. Kein Wunder, Leben wächst heran. Im Leib einer Frau, in ihrem Körper. Neues Leben, gewollt? Oder „passiert“? Erwünscht, angenommen oder lediglich geduldet? Adventliche Assoziationen tauchen sofort auf: Erwartung. Reifen.
Wir stehen ganz knapp vor Weihnachten. Das Fest der Geburt, das Fest der Freude über die Geburt eines besonderen Kindes. Aber ist nicht jedes Kind ein besonderes Kind? Ist nicht auch für die Verkäuferin ihr eigenes Kind ein ganz besonderes Kind? Und diese Zeit eine intensive Zeit der Vorfreude und Erwartung? Auf das gemeinsame Kind, „fleischgewordenes Ergebnis“ ihrer Liebe? Manchmal verdrängen wir den Anlass und die seltsamen „Umstände“ der Geburt Jesu vor 2000 Jahren und flüchten uns – harmoniesüchtig – in eine heile Welt der lieblichen Weihnachtsvorstellungen, die ohne Zweifel und Not und Bedrängnis auskommen.

Mitten unter den blühenden Weihnachtssternen im Blumengeschäft denke ich an das pulsende Leben, das im Bauch der Verkäuferin heranwächst. Genauso heranwächst wie vor langer Zeit in einem jüdischen Mädchen in Nazaret. Gott wächst heran. Ein fruchtbarer Gott lässt sich als Same eines Menschen in einen Menschen fallen. Dass Leben sich entfalten kann, dazu braucht es Zeit. Vieles im Leben und in diesen Tagen benötigt Zeit zum Wachsen, geduldige Pflege und Liebe. Zum Nächsten, zum Menschen. Die hat Gott.

Advent gibt Hoffnung. Gute Hoffnung. Ob im Blumengeschäft inmitten vieler Weihnachtssterne oder in den Häusern der Menschen, die Botschaft ist gleich.