Wie erst gestern aus gewöhnlich gut informierten kirchlichen Kreisen bekannt wurde, hat in einer beispiellosen Nacht- und Nebel-Aktion der beliebte Bischof Nikolaos aus Myra den Töchtern einer verarmten Familie das Leben gerettet …
Liest sich leicht, wie eine ungewöhnliche Pressemeldung. Vor langer Zeit. Damals. Die Hauptfigur: Ein Bischof, der nachts durch die Straßen der Stadt streicht. Ein Bischof, der sich (fast) wie ein Dieb verhält. Der durchs Fenster Geld oder Gold hineinwirft.
Es ist in der Nacht gewesen. Erzählt die Legende. Nicht am Tag, es war heimlich. Seine Hilfe sollte nicht so ohne weiteres auf dem Präsentierteller verbreitet und publik werden. Ein Bischof, der sich nicht scheut, im Schutz der Dunkelheit Gutes zu tun. Bei Nacht und Nebel.
Im Gegensatz zur vorigen Krampus-Nacht ist heute menschliche Wärme und Freundlichkeit angesagt. In der vergangenen Nacht öffneten sich die Herzen und Hände, waren die Erwartungen und Wünsche und Hoffnungen groß. Die Stiefel wurden aufgestellt. Eltern bereiteten die „Überraschungen“ für ihre Kinder vor, verteilten eingekaufte Süßigkeiten und das eine oder andere kleine Geschenk in den Sackerln und Tüten.
Der ostkirchliche Heilige Nikolaos ist nach wie vor präsent. Trotz der Konkurrenz des billig geklonten und kommerziell viel erfolgreicheren Weihnachtsmannes punktet er noch immer. Sogar als Kirchenmann. So viel Hilfsbereitschaft und Mitmenschlichkeit lässt sich nicht übersehen. Obwohl er „gefeiert, vertölpelt und … verkauft wird!“ Das stellt der deutsche Religionspädagoge Roman Mensing in seinem Buch „Nikolaus von Myra“ fest. Die Kirche hätte es aber in der Hand, ihn aus seinem Klischee und seiner Banalisierung zu befreien. Man könnte neu beginnen wie Paulus auf dem Markt von Athen: „Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch neu.“(Apg 17,23)
Gerade die nächtliche Unterstützungsaktion für die 3 Töchter des verarmten Kaufmanns in der Legende ist von verblüffender Zeitlosigkeit. Und empfiehlt sich wärmstens zur Nachahmung. Denn besonders in der Nacht liegen Not, Elend, Ausbeutung und gewährte Hilfe extrem nah beieinander.
Tatsächlich war der Bischof aus Kleinasien kaum
der gutmütige Alte mit dem freundlichen Gesicht, der in den Vorstellungen
unserer Kinder des Nachts von Haus zu Haus hetzt, um Geschenke auszutragen.
Eine strahlende kräftige Gestalt. Bischof für die Menschen.
Und wenn es sein muss, auch in der Nacht.
Helmut Loder
helmut [at] lodernet [punkt] com
Copyright © 2003-2011 LoderNet.com.
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Designed by disillusiondesign.com.
