HELMUT LODER'S Adventkalender
Die Nacht des Heils |
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16. Dezember
Zwölf Nächte, die von Gott erzählen
Gedanken von Jörg Zink

„Es ist lange her, dass die Tage des Advents Tage der Stille waren, in denen man einen inneren Weg Schritt um Schritt bedächtig ging, durch die kürzer werdenden Tage und durch die langen Nächte. Auf die eine Stelle zu, die Krippe, in der man mitten in der Dunkelheit ein Mysterium empfing.

Es ist, als wäre das Heilige, das Geheimnis, verloren gegangen. Überflutet von Lichtern und überlärmt von Worten. Überrannt von rastloser Leere, vom Gerede über das Fest. Das Fest aber, das einst eine Quelle der Kraft war, ist wohl nur noch die Stunde, die anzeigt, dass die Kraft zu Ende ist …

Die Zeit um Weihnachten war seit alters her von Nächten bestimmt, und alles Große und Wichtige geschah in der Nacht. Im Jahrkreis der nördlichen Völker brachen die Götter um die Zeit der Wintersonnenwende nächtens in das Leben der Menschen ein, bedrohlich und hilfreich, zerstörend und segnend zugleich. Das wilde Heer Wotans stürmte in den Winternächten über die Waldgebirge. Frau Holle zog über das Land hin, vom Heer der verstorbenen Kinder umgeben, und segnete das Feld und den Stall. Die Toten gingen umher und unberechenbare Mächte trieben ihr Unwesen. Von den „Nächten der Mütter“ sprach man unter den Angelsachsen.

Es ist lange her, seit die Christen in die Nächte der Götter ein neues anderes Licht brachten. Sie setzten das einfache Wort von der Nähe Gottes den Angstträumen entgegen. Sie brachten die Nachricht von dem gütigen Gott, der nicht im wilden Heer kommt, sondern wehrlos in der Gestalt eines Kindes. Nicht im Sturm und Wetterwolken, sondern in der Stille.

Nun erzählten die Nächte der Mütter von der einen, der Maria. Von dem schlichten einfachen Menschenkind, das Gott dazu bestimmte, die Mutter dessen zu sein, der ein Bruder aller Menschen war. Sie erzählten nicht länger von dem Heer der toten Kinder, sondern von der Geburt des Kindes. Nicht mehr von apokalyptischen Reitern und gespenstischen Tieren, sondern von den lichten Boten Gottes, die man Engel nennt. Nicht mehr von einem Wirbel todbringender Mächte launischer Götter, sondern von dem Frieden, den Gott auf dieser Erde stiften will …“

Diese kurzen Ausschnitte stammen aus dem wunderbaren Buch Jörg Zinks „Zwölf Nächte – Was Weihnachten bedeutet“. In zwölf nächtlichen Meditationen führt er die Leser auf eine Spur der Wahrheit über diese Zeit und über die neu zu entdeckende Kraft des Weihnachtsfestes, weil er „will, dass in uns etwas Heilsames geschieht. Wir horchen auf das Wort, weil wir wollen, dass unsere Tage gelingen und keine Angstträume unsere Nächte erfüllen …“

Sprachmächtig und kenntnisreich, poetisch und doch herzhaft geerdet begleitet er uns auf dem beschwerlichen Weg Richtung Weih-Nacht, durch die Nacht der Weissagung, der Gotteserfahrung, der Nacht der Geburt und der Anbetung, der Nacht des offenen Himmels bis zur Nacht des kommenden Advents.

Jörg Zink: Zwölf Nächte. Was Weihnachten bedeutet. Herder spektrum 5076; 175 Seiten, 9.20 Euro.