HELMUT LODER'S Adventkalender
Die Nacht des Heils |
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13. Dezember
Nachtschicht in der Ambulanz
Arbeit, Alltag, Ausnahmezustand

Es ist überraschend schnell „finster“ geworden. Der Pächter der Imbissstube im Krankenhaus der Kleinstadt stellt die Sessel auf die Tische, löscht das Licht aus. Sein Tag geht zu Ende. Der Springbrunnen im Foyer stellt sein Spritzen und Spucken ein. Es wird Nacht im Krankenhaus. Der Warteraum ist seit geraumer Zeit leer. Rundum wird es still. In der Kapelle brennt das ewige Licht.

Die Nachtschicht beginnt. Arbeit für eine kleine Gruppe, die die Versorgung aufrechterhält. Alltag im Haus. Turnusarzt, Bereitschaftsdienst und Pflegepersonal rüsten für die Stunden bis zum frühen Morgen. Die Versorgung muss gewährleistet werden. Die Dienste sind eingeteilt. Nachts, wenn andere schlafen, arbeiten sie. Erreichbar rund um die Uhr. Und niemand weiß, was die Nacht noch alles bringen wird.

Nachtschicht, Nachtarbeit. Manchmal hektische Betriebsamkeit, aufreibend und voller Überraschungen. Dann wieder genügend Zeit für Gespräche zwischendurch, eine Tasse Kaffee im Dienstzimmer. Heute läutet dauernd das Telefon, piepst in einem fort irgendein Handy. Ein Einsatzfahrzeug fährt mit hohem Tempo zur Auffahrt. Ein Verkehrsunfall, der Lenker wird auf einer Trage herausgehoben, Eile tut not. Röntgen! Später ein junger Mann mit schweren Kopfverletzungen. Ein böser Sturz, angeblich im Stiegenhaus. Zwei ältere Frauen mit Herzproblemen. Ein schreiendes Kleinkind mit starken Bauchschmerzen. Die Mutter beobachtet ängstlich jeden Handgriff des Arztes.

Nachtschicht im Krankenhaus. Nicht immer angenehm, aber unbedingt notwendig. Arbeiten, wenn andere schlafen. Ein Dienst an unserer Gesellschaft, ein Service für die „Vollzeitgesellschaft“. Die Nacht, scheinbar eine unerschöpfliche Quelle von Verletzungen, Verwundungen. Ein fruchtbarer Schoß, der da aufbricht. Die Nacht, nicht selten eine Zeit der Schmerzen, der Schreie und der Tränen. Der Gedankenlosigkeit und des Erschreckens. Spüren, dass es irgendwo eine körperliche Schwachstelle gibt. Eine Krankheit, ein Leiden, eine Erschöpfung.

Nachtschicht im Krankenhaus. Das ist keine Klinik unter Palmen, und kein telegener „Emergency Room“. Keine Vorzeigeärzte. Ihr Arbeitsplatz: die Ambulanz. Anlaufstelle für Hilfesuchende. Der Kontrollgang durch die Station zeigt: Die meisten Patienten schlafen. Endlich. Friedlich, ruhig oder erschöpft und abgekämpft. Sehnsüchtig Heilung erwartend.

Der Advent ist so eine Art Nachtschicht auf Zeit. Versorgen, betreuen, sich kümmern und trösten. Ermutigen, für die Menschen und ihre Wunden, ihre Not, da sein. Ohne Wenn und Aber. Am Tag und in der Nacht. In vielen Häusern in unserer Heimat.