HELMUT LODER'S Adventkalender
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02. Dezember: Der chronische Himmel

Wenn Dichter über den Himmel schreiben. Beispiele, Fragen und viele wunderbare Bilder...

Ein verrückter Titel. Chronischer Himmel? Klingt fast wie eine Krankheit. Permanent, in einem fort, immer wieder: Himmel. Die Landschaftsvermesser unter den Wortkünstlern führen den Himmel gerne im Mund. Unzählige Beispiele illustrieren dieses Faktum: Der Himmel als ein begehrtes Objekt ihrer Auseinandersetzung mit dem Leben. In allen Schattierungen. Und mit der Gebrochenheit einer vorsichtigen Beziehung.

Josef Fink , der allzu früh verstorbene steirische Priesterschriftsteller, hat in seinem Buch "Chronischer Himmel" - Texte in rastloser Zeit, im Vorwort notiert: "Eine neue Welt schien vor der Tür zu stehen. Oder ein neuer Himmel. ... Geblieben aber ist nach all den bewegten Jahren die Sucht, die Suche, die große Krankheit meines Lebens: der chronische Himmel." Poetisch klingt das so: "Manchmal / sitz ich / am Milchstraßenrand / und werfe die Angel / nach Deinen Engeln aus / Ich ein Passant / eines winzigen Sterns // Es ziehen / tausend Engel vorbei / es wehen Tausende Himmel her // Dort muss es sein / wo ich zu Hause bin ."  Und in aller Kürze: "In einem Auge / das Meer / im anderen etwas / wie Himmel".

Ein komisches Wort. Schreibt Michael Lentz - 1964 in Düren geboren, in München lebend -  in seinem Text: "himmel" ist ein komisches wort. "himmel" ist das schönste wort der deutschen sprachen. besonders wenn es bei picasso steht. bei picasso steht einmal das wort himmel sehr gehäuft, und zwar auf spanisch, im deutschen heißt es dann "himmel". himmel ist so etwas wie luft und überhaupt nicht so etwas wie baum. baum ist das gegenteil von himmel. von baum gibt es glücklicherweise gar kein gegenteil sondern ein gutes reimwort. baumtraum. rosen hingegen blühen nicht an bäumen sondern auf erden. da sollte man sie stehen lassen. rosen sind etwas zum ansehen und anriechen. himmel ist mehr etwas für den geist: die toten sind nicht auf erden sondern auf himmeln. man sagt auch mit gutem grund "anhimmeln". gerne fliegt man durch den himmel an den himmeln vorbei und freut sich nach geglückter landung. dann möchte man am liebsten sagen "es ist zum himmel ausreißen schön". Der Text fand ich in der Literaturzeitschrift "manuskripte".

Es liegt was in der Luft . " Die Himmel Europas" betitelte sich ein mehrtägiges, mit hochkarätigen und feinsinnigen Autorinnen und Autoren besetztes Literaturereignis im Grazer Literaturhaus. Viele kamen und brachten ihre Wortspenden mit. Große Gedanken wurden wie "nadelköpfe in der himmelsnebelsuppe" weitergegeben. Festgeschrieben. Ein faszinierendes Fest der Denkanstöße.

Im Advent liegt was in den Texten. Nämlich Satzspenden über den Himmel und viele Gedankenspuren sensibler Menschen. Eine Anregung: Einfach Himmelstexte lesen. Nachlesen. Zum Beispiel: Die Himmel Europas. (Droschlverlag). Über mögliche unerwünschte Wirkungen wie gesteigerte Sehnsucht, heftiges Aufatmen und spontanes Aufbrechen informieren sie Alfred Kolleritsch, Elfriede Gerstl, Claudio Magris, Andrea Sailer und unzählige andere Schriftsteller. Vor allem aber "Chronischer Himmel".