Verrückt. Der Mann muss verrückt sein. Er tritt an. Mit einem kleinen Eimer voll Wasser. Zimmerbrand. Gegen das Feuer. In der Wohnung nebenan. Oder ist es gar ein Zimmer aus der eigenen Wohnung? Flammen züngeln aus dem Raum. Das Fenster ist verkohlt. Dunkle Rauchschwaden schwärzen das Obergeschoß. Und trotzdem tut er es. Versucht er zu löschen. Mit einem Eimer. Vielleicht kann er gar nichts anderes mehr tun? Die Feuerwehr ist verständigt. Er wartet. Und schüttet Wasser in Richtung Feuer.
Advent, Advent, das Fenster brennt. Hoffentlich nicht! Nicht nur die Kerzen auf dem grünen Kranz. Die Wohnung, das Haus, die Welt sogar. Advent hat mit diesem Bild viel zu tun. In unserer Welt brennt es nämlich an allen Ecken und Enden. Abgesehen von den Buschbränden in Australien hören wir ständig von Bürgerkriegen, Aufständen und Terror. Alles brandheiß in unserer Zeit, im Fernsehen, in der Zeitung. Und wir feiern Advent. Mit kleinen Brandlichtern.
Advent ist die Zeit der verrückten Hoffnung. Der Mann versucht zu löschen. Gegen jede Vernunft. Er weiß es. Aber er bleibt nicht untätig. Läuft nicht davon. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Sinnlos, unvernünftig, wenden die Pragmatiker ein. Vor kurzem kanzelte ein junger Mann die Adventbräuche als „uralte, sinnlose Magie“ ab. Abschaffen lautete seine Schlussfolgerung. Er hat recht. Der Advent ist unvernünftig. Keine logische Zeit. Aber zutiefst der Hoffnung verbunden.
In diesen Tagen setzen wir alle von neuem Zeichen einer verrückten Hoffnung. Dass es nämlich mehr gibt als „vernünftige“ Lösungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Und im Glauben. Dass es ein Leuchten gibt im Finsteren, eine Hoffnung zum Weiterleben wider bessere Vernunft. Zum Überleben. Ob für konkursreife Betriebe oder für eine Beziehung, die zu erlöschen droht. Oder für das ungeborene Leben, das man sich nicht leisten will.
Gott muss verrückt gewesens ein, als er beschloss, ein Mensch zu werden. Mit einer verrückten Hoffnung. Damals, als es auch schon brannte auf Erden. Wann waren Sie das letzte Mal „verrückt“ vor Liebe?
Helmut Loder
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