Es ist kalt in diesen Tagen. Eiskalt sogar. Manche Fenster sind verfroren, eisblumengeschmückt. Wir schließen und machen dicht. Lassen keine kalte Luft herein. Haben alles gut gedämmt und isoliert. Ohne Frischluft aber riecht die Luft bald abgestanden. Muffig. Unangenehm. Atemnot, Luftmangel. Und dann heißt es lüften, Fenster auf, frische Luft herein!
1958 wurde ein neues Oberhaupt der römisch-katholischen Christen gewählt: Papst Johannes XXIII. Charismatisch unbekümmert, aus ärmlichen Verhältnissen kommend. Kein Revolutionär, mehr ein überzeugter Reformer. Mit einem guten Gespür für notwendige Veränderungen. Er dachte an die Zukunft. Seine Worte waren schlicht, seine Pläne verblüffend und seine Handlungsimpulse effektvoll.
Ein Jahr später verkündet Johannes XXIII völlig unerwartet die Einberufung eines ökumenischen Konzils. Ein Konzil? Eine Versammlung der Bischöfe? Klärung strittiger Fragen. Des Glaubens, in heutiger Zeit. Überraschung und gemischte Gefühle. Fragen, Ängste, Befürchtungen. Wird es gut gehen? Ist es notwendig? Welchen Sinn hat ein solches Unternehmen?
Als jemand diese Frage dem Papst stellte, ging er zum Fenster seines Studierzimmers und machte es weit auf: „Wir erwarten, dass das Konzil hier einmal etwas frische Luft hereinlässt!“ Die Fenster aufreißen, im Vatikan, in jeder Diözese der Weltkirche, in den Pfarren vor Ort. Überall dort, wo Menschen unterwegs sind, im Namen Jesu, in der Gemeinschaft der Gläubigen. Befreiung von starren Traditionen.
Frischluft für die Kirche. Kein fertiges Programm auf dem Tisch, das Wehen des Heiligen Geistes zulassen. Miteinander ins Gespräch kommen und neue Wege finden, zu den Sorgen und Fragen der Menschen von heute. Inspiration und Mut für einen neuen Kurs in die Zukunft.
Immer wenn ich an Fenster denke, fällt mir diese Anekdote ein. Ein starkes Bild. Für die Gestaltung einer lebendigen Kirche, die sich nicht ängstlich in der Sakristei versteckt. Tief durchatmen. Die Lungen mit frischem Sauerstoff für Herz und Hirn und ... Hände füllen.
Es ist notwendig, von Zeit zu Zeit die Fenster aufzureißen und Frischluft hereinzulassen. Weg mit der abgestandenen Luft, offene Fenster in unserer Kirche! Aussicht und Sinn-Bild. Für einen guten Weg mit den Menschen.
Heute schon gelüftet?
Helmut Loder
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