HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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23 „Die Türenkrippe“
Der Weg nach Betlehem führt an und durch viele Türen.

Adventzeit ist Krippenzeit. In vielen Bereichen unserer Gesellschaft, in Kindergärten und Schulen, in einigen wenigen Familien und pfarrlichen Gruppen, werden sie besprochen, gebaut, gebastelt, auf Adventmärkten zum Kauf angeboten und bestaunt. Alle Jahre wieder zieht die Erfolgsstory seit dem 15. Jahrhundert die Menschen, ob groß oder klein, reich und begütert oder mittellos und arm, gleichermaßen in ihren Bann. Dabei ist an der Krippe nichts Spektakuläres. Und müsste eigentlich längst außer Mode sein. Ein vorübergehender religiöser Tick, ein religiöses Kleinkinderspielzeug. Weit gefehlt. Wir wissen zwar weniger denn je von historischen Fakten von der nachhaltigen Geburt irgendwo außerhalb der normalen Gesellschaft, aber eine Spur von Faszination an der Nachstellung dieses rätselhaften Geschehens vor 2000 Jahren liegt noch immer in der Luft.
Wie anders ist zu erklären, dass es so viele Kurse zum Krippenbauen, organisierte Krippenfahrten und Ausstellungsinitiativen gibt, die weit über das verständliche Maß von Begeisterung für alpenländische Miniaturisierungswelten hinausgehen? Das Diözesanmuseum Graz hat heuer eine Ausstellung mit über 40 privaten Krippen als Leihgaben von bekannten Persönlichkeiten konzipiert und eröffnet. Das Interesse war groß. Damit legen die „Promis“ ein Zeugnis ab für ihre Beziehung zum Geschehen am Weihnachtsfest. Es muss mehr dahinter sein, als wir zugeben wollen. Sicherlich steckt eine kaum zu begründende Lust zum Hinschauen auf diesen magischen Kosmos aus wenigen Figuren und Darstellern plus Hintergrund dahinter. Und die Freude am Weg hin zur Geburt eines kleinen hilflosen Kindes. Selbst für uns aufgeklärte, abgebrühte Menschen im Übergang zum nächsten Jahrtausend.

Mit der Krippe nach Betlehem gehen. Hin zu einem Ort aus dem fixen Kraftorteverzeichnis der Christen. Real, umkämpft, besetzt und mit blutgetränktem Boden. Ein Synonym für den Ort der Menschwerdung Gottes. Wallfahrtsziel und Ausgangspunkt der Lebensgeschichte des Rabbi Jeschua, der die Tür zu einer Begegnung mit Gott weit aufgemacht hat.

Vor 5 Jahren habe ich den Versuch unternommen, die Form der Krippe, des alten Brauches in der Adventzeit, in unsere Gegenwart zu übertragen, sie anzupassen. Entstanden sind daraus sogenannte Bausatz-Krippen, die den Vorteil haben, dass auch angeblich völlig unbegabte Kinder und Jugendliche nach Anleitung einen einfachen Krippenbausatz zustande bringen. Aufstellen können, verschicken können und anderes mehr. Die einzelnen Teile (Hintergründe, Personen, Hausfassaden, ...) werden aus Sperrholz ausgeschnitten, auf eine Grundplatte gesteckt, mit Farben bemalt. Und hoffentlich aufgestellt. Nicht übertrieben aufwändig und doch irritierend anders. Schnell verpackt und viel Aufmerksamkeit erregend. Immer sind es ganz schlichte, einfache und sofort lesbare, erkennbare Formen. Die Weltkugel als Kreis, die leicht gezackten Horizontlinien der Berge, der Archetyp eines einfachen Hauses mit Türöffnung und Fenstern. Unter den ca. 15 verschiedenen Modellvorschlägen war auch eine sogenannte „Türen-Krippe“.

Ohne Zweifel eine seltsame Krippe. Aus dem Holzboden wachsen viele verschieden große, unterschiedlich hohe Türen empor. Ein Weg zeichnet sich ab. Ein Weg mit vielen einzelnen Türen. Durchgang. Eine unbestritten eigenartige Krippe. Abseits der Klischeevorstellungen vom Stall und dem traditionellen Bodenpersonal. Das Weihnachtsgeschehen als Türengeschichte. Ein Mann und eine schwangere Frau machen sich auf den Weg. Gezwungenermaßen. Suchen offene Türen bei einer Herberge oder einem anderen Haus. Aber die Türen bleiben zu. Es kommt, wie es kommen muss. Die Geburt drängt. Ein Stall, eine Notunterkunft ist der Ort der Niederkunft. Ein Geschehen, das sicher kein Einzelfall war, damals vor 2000 Jahren. Aber auch heute nicht. Zeitungsartikel der letzten Tage beweisen es nachdrücklich.

Die Türenkrippe ähnelt einem Slalomkurs. Nur sollen die Teilnehmer nicht irgendwo herumfahren, sondern durch die verschieden großen Türen gehen. Da gibt es die Tür der Ängstlichkeit und Furcht vor dem Fremden, dort ist es eine Tür der Menschenliebe, aber auch der Überheblichkeit, der Arroganz, die mir keinen Zugang erlaubt. Eine andere Tür ist die Tür des Herzens, die Tür der Freude, der Hoffnung. Auf ihrem Weg nach Betlehem oder von Betlehem wieder nach Hause, stehen viele Türen. Welche könntest du dir vorstellen? Eine Krippe mit lauter Türen bildet eigentlich einen Parcours der Hoffnung. Dass die Geburt des Jesus von Nazaret die Einleitung einer neuen Epoche der Weltgeschichte sei. Dass irgendwo noch eine Tür offen bleibt. Geöffnet wird. Dass ein Weitergehen möglich ist.

Die Türenkrippe, eine Installation mit vielen offenen Türen. Ein Anstoß, über die Türen auf meinem ganz persönlichen Weg nach Betlehem nachzudenken. Und über meine Krippe zuhause. Ist sie auch eine solches Bild der Hoffnung, ein Zeugnis meiner An-Schauung der Ereignisse vor 2 Jahrtausenden?