HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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16 „Tag der offenen Tür(en)!“
Vom Aufsperren und Einlassen - Flüchtlingstüren

Manchmal hört man, dass jemand sagt: „Bei mir rennen sie offene Türen ein!“ Seltsam, nicht wahr? Warum sollte man offene Türen einrennen? Und gibt es tatsächlich so viele offene Türen in unserem Land in unserer Zeit? Überall aber finden „Tage der offenen Tür“ statt, ob es sich dabei um Fabrikstüren, Geschäftstüren oder Schultüren handelt. Offen müssen sie sein. Für Besucher, Eltern, Interessierte, Gesprächsbereite. Für Menschen, die sich informieren und gerne einen Blick hinter die Kulissen, die vordergründige Fassade werfen möchten.

Manchmal bleibt es beim Slogan. Die Türen waren zwar weit geöffnet, aber die Nachfrage ließ zu wünschen übrig und manch einer wünschte sich eher einen „Tag der offenen Schule“, des offenen Büros. Und außerdem stelle ich fest: Schön und gut, offene Türen für Schulen, Dienstleistungseinrichtungen, aber Wohnungstüren, private Türen sind selten darunter. Da halten wir uns gerne bedeckt, halten nicht viel davon, würden es nicht aushalten, wenn neugierige Besucher kämen und unangenehme Fragen stellten. Zum Beispiel: Warum geht es euch so gut? Wie seid ihr zu diesem Wohlstand gekommen? Warum habt ihr so viel Platz in euren Wohnungen oder Häusern? Warum müssen 5-köpfige Familien in einer feuchten 3-Zimmer-Wohnung „hausen“? Wieso gibt es diese Ungerechtigkeiten noch immer?

In diesen Tagen gibt es landauf, landab Hirten- und Krippenspiele oder den Brauch des Herberge-Suchens. Wie leichtfertig und klischeehaft wird da das Bild des abweisenden Wirtes gezeichnet, die Reichen als Schuldige hingestellt? Dass es nicht so leicht ist, Menschen, die nicht auf die Butterseite des Lebens (und der Gesellschaft) gefallen sind, anzunehmen, aufzunehmen, über längere Zeit „auszuhalten“, einen spontanen „Tag der Offenen Tür“ einzuplanen, die teuer bezahlten Türen aufzureißen, das überspielen wir gerne. Mit absolut einleuchtend schlüssigen Argumenten und hanebüchenen Ausreden. Wir wollen unsere Ruhe haben. Nicht aufgeschreckt werden aus unserer Beschaulichkeit. Besonders, aber nicht nur im Advent.

Ich habe unlängst bei einer schulischen Adventsveranstaltung eine große Ansammlung unreflektierter Sozial-Impulse gehört und erlebt: „Zu Weihnachten werde ich zu den armen Kindern gehen und ihnen Spielzeug schenken! Ich werde den Flüchtlingen mein Taschengeld schenken!“ Das Geld sitzt natürlich locker in der Vorweihnachtszeit. Und niemand lässt sich lange bitten, wenn es gilt, im Dienst der guten Sache ein paar Streicheleinheiten abzubekommen.

Eines aber stört mich: Viel zu schnell und oberflächlich putzen wir uns ab am legendären Wirt in Betlehem, holen das weiße T-Shirt der Unschuld aus dem Wäscheschrank der Selbstgerechtigkeit und postulieren im Brustton der arroganten Überheblichkeit: Hätten sich halt ein bisserl mehr anstrengen müssen! Uns hat auch keiner was geschenkt. Da wird die Tür gleich wieder zugemacht, die Vorhangschlösser – auch wenn es nur die seelischen sind – blankgeputzt montiert.

Offene Türen? Die Schriftstellerin Inge Meidinger-Geise schreibt sehr präzise: „Da Capo vor unserer Tür / Seid nicht so sicher, /die ihr „Stille Nacht“ singt. / Wenn da jetzt Fremde / stünden vor eurer Tür – ihr würdet wohl weitersingen, / um Zeit zu gewinnen: / Nicht mal in dieser / Stillen Nacht / hat man seine Ruhe! / Und warum / ausgerechnet / diese Leute / vor unserer Tür?“
Ich bekenne: Ich habe auch keine einfache Lösung für die komplexen drängenden Fragen sozialer Gerechtigkeit, der Flüchtlingsfrage und der sinnvollen Hilfe des einfachen Mitmenschen. Aber ich glaube daran, dass sich Lösungen entwickeln lassen, sehr differenziert, nach Maßgabe der Fähigkeiten, der persönlichen Reife usw. Offene Türen für Flüchtlinge finden sich nicht am kapitalintensiven freien Wohnungsmarkt, aber es finden sich immer wieder Christinnen und Christen, die ihre eigenen Türen öffnen oder anderen Adressen und Türschilder zeigen, vermitteln, auf dass diese eine akzeptable Herberge finden, vielleicht eine neue Heimat und Schutz vor Verfolgung, und die Hoffnung, dass sie nicht von der Tür gewiesen werden wie lästiges Pack.

Maria und Josef fanden keine offenen Türen vor. Sie hatten jedoch das Gott-Vertrauen, dass ihnen Hilfe und Unterstützung nicht versagt bleibt. Wie ist es mit einem privaten „Tag der offenen Tür“, um die Nachbarn besser kennen zu lernen oder mit ihnen ins Gespräch zu kommen?