HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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11 „Advent, Alkohol und Abhängigkeit!“
Szenen des Advents hinter Gasthaustüren

Die Glastür ist leicht beschlagen. Schemenhaft sieht man hinter der milchigen Fläche Menschen hin- und hereilen. Es ist Samstagabend im Advent, in einem „Beis´l“ in der Innenstadt. Drinnen geht es hoch her. Die Stimmung ist gut, ausgelassen und lautstark. Eine Weihnachtsfeier findet statt. Ein Grund mehr zu feiern. Mehr zu feiern? Advent und Alkohol verbinden mehr als nur die beiden Anfangsbuchstaben. Von vielen Ausrutschern bei diversen Feiern ist zu berichten. Denn die lockere Stimmung bei solchen Feiern lässt die Wogen und den Promillepegel hochgehen. Und mit wachsendem Konsum alkoholischer Getränke steigt die Fragwürdigkeit solcher Festivitäten.

In einem Kommentar im Dezember 1999 schrieb Helmut Schüller in der Tageszeitung „Der Standard“ vom „Rausch mit Folgen“: „Österreich im Kaufrausch. Bis zum Privatkonkurs. Österreich im PS-Rausch. Vom Geländewagen für die Stadt bis zum Blutgemetzel am Weekend. Österreich im Geldrausch. Vom Money-Maker bis zu obszönen Gagen. Österreich im Punschrausch. Bis zur Familientragödie. Österreich im Fun-Rausch. Bis zum gegenseitigen Niedertreten. Österreich im Handy-Rausch. O, du fröhliche ... So lasst, um Himmels willen, endlich einmal nach. Das alles ist längst nicht mehr nur eine Frage der Brieftasche.“
Er führt in seinem Artikel aus, dass dieser Rausch sich besonders deutlich im Advent und am Fest der „Menschwerdung(?)“ in aller Öffentlichkeit zeige. Und tatsächlich kennt jeder von uns auch die unangenehmen, abstoßenden Seiten dieser besinnlichen Zeit. Alle Jahre wieder sind die – pardon - „Rausch-Kuchln“ in den vielerlei Erscheinungsformen allerorten unterwegs, werden zumeist untertänigst hofiert und selten zur Räson gebracht. Erstens verdient man an ihnen und durch sie recht gut, und zweitens müsste man ja unter Umständen beunruhigt fragen, ob man nicht selbst schon zu den Berauschten gehört? Schuldbewusst an die eigene Brust klopfen ist angeblich kein hilfreicher magischer Abwehrzauber!

Zu den absehbaren Folgen solcher Konsum-, Handy- Geld- oder Alkoholräusche darf man letztendlich Zeitnot, emotionale Härte und eine Lebenseinstellung zählen, die sich fürs Drübersteigen über die Schwächeren und fürs Gasgeben in doppelter Hinsicht arrogant auf die eigene Schulter klopft. Und wenn die Weihnachtsfeier den vorgeblich besinnlichen Teil hinter sich gelassen hat, und man zum „gemütlicheren“ Teil übergeht, dann lockert das bisschen Alkohol die Zungen und man kommt über alle Hierarchieabstufungen hinweg der Lösung des großen Lebensrätsels ein gutes Stück näher. Alle Jahre wieder.

ersammeln sich Menschen, die einander nicht immer ins Gesicht schauen mögen, zur kollektiven Weihnachtslüge bei Kerzenschein und Weihnachtsdekoration und wünschen einander alles Gute. Singen zumindest anfangs holprig ein paar Lieder, die die meisten Erwachsenen bis an ihr Lebensende nicht weiter als bis zur zweiten Strophe auswendig gelernt haben. Tannenreisig für die Zeitumstände, sonst schauts ja nach nichts aus, nicht wahr?
Eine Lesebuchgeschichte steigt in meiner Erinnerung hoch. Von einem russischen Dichter wird sie erzählt. Ein Mann wird beobachtet, wie er kopfschüttelnd beim Eingang einer Schenke steht und immer wieder die Maße der Tür abnimmt. Man spricht ihn an und fragt, was ihn an diesen Maßen so verwundere, dass er den Kopf schüttle? Und er erzählt, dass er sein ganzes Hab und Gut durch diese Tür gebracht habe, verloren und versoffen habe und er sich nun sehr wundere, wie sein Haus und sein Hof „durch diese Tür gegangen seien!“ Eine hintergründige Geschichte. Alkohol als Lebenszerstörer. Natürlich gehört das rechte Maß an Alkohol zu unseren Festen und zum kultivierten Umgang mit Dank, Freude und Herzlichkeit, lässt Schüchternheit verschwinden und Menschen aus sich heraus gehen. Aber sehr oft ist Alkohol auch für unendlich viel Leid verantwortlich.

Zu später Stunde wird aufgeräumt. Die Scherben zusammengekehrt und die letzten Gäste in ein Taxi gesetzt. Der Wirt sperrt die Tür seines Lokals ab und wirft noch einen Blick durch die Milchglasscheibe. Die frische Luft tut richtig gut. Morgen sind die Senioren dran. Ob die auch so falsch singen?