HELMUT LODER'S Adventkalender
Türen ins Licht |
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14 „Rastlos unterwegs“
Von Auto(matischen) -Türen und Konsumwallfahrten

Ein originelles Foto: ein Haufen ausrangierter Autotüren, entdeckt auf einem verschlafenen Autofriedhof. Raffiniert abgelichtet: übereinander gestapelt, durcheinander geworfen, ineinander verkeilt, eine groteske Pyramide endgültig nutzloser Teile des vergötterten fahrbaren Untersatzes, langsam vor sich hinrostend. Zum Stillstand gekommen. Zur Ruhe gebettet. In allen denkbaren Farben lagen sie verbeult und malerisch auf dem Platz herum. Autotüren in vielen Fassungen für gänzlich unterschiedliche Fahrzeugtypen. Nun aber nicht mehr rastlos unterwegs, sondern gestoppt. Halt. Aus. Endgelagert. Was fehlte, war der Schnee. Dann hätte es ohne weiteres ein Autofriedhof im Advent sein können.

Autotüren sind an und für sich nichts besonders Wichtiges. Einfach ein notwendiger (Bestand)Teil des so begehrten und umworbenen Transportmittels Auto. Wir brauchen sie, damit wir oder unsere Transportgüter während der Fahrt nicht hinausfallen. Aus dem „Gott“ Auto. Salopp formuliert: eine Tür für den Käfig, den wir Auto nennen. Das Fortbewegungsmittel, der Umweltsünder, die Todesursache. Jährlich sterben über 885.000 Menschen weltweit im Straßenverkehr. Kampfplatz Straße! Auch im Advent gibt es keine Pause beim Sterben. Die Vergötzung des Autos und eine zunehmende „Kultur des Todes“ stellte der Grazer Sozialethiker Leopold Neuhold am heurigen Christophorus-Sonntag fest. Allein die Umweltschäden, die Vergeudung von Erdölressourcen und die Folgeschäden von Unfällen für das Leben der Menschen gehen in die Milliarden Dollar. Unter solchen Aspekten kann man über Autotüren kaum mehr vernünftig philosophieren. Auf jeden Fall sind die Autos und damit verbunden die Türen ein starkes Symbol für die enorme Rastlosigkeit der Gesellschaft, des Einzelnen. Für das hohe Tempo, das wir zur Zeit zu leben und aufrecht zu erhalten bereit sind. Deshalb fasziniert mich der Aspekt der Autotür. Ein Stück buntlackiertes Metall, einerseits eine bewegliche Öffnung für den „Käfig“ und andererseits Schutz gegen gefährliche Einwirkungen von außen.

Der Advent aber ist keine Autotür. Die sich absperren lässt mit einem Klick. Aus dem Umgang mit Autotüren: am Morgen aus dem Haus treten, die Autotüren womöglich mittels Fernbedienung öffnen, sich in den Sitz fallen lassen, die Tür rasch schließen, los geht’s. Wir haben sie im Laufe eines Tages oft in der Hand, drücken sie zu, legen etwas in das Seitenfach, schieben sie auf, schlagen damit gegen Mauern oder andere Autos. Und bei jungen Familien spielt die Kindersicherung eine wichtige Rolle. Manchmal ist diese Tür ein verräterisches Sinn-Bild für unseren Umgang und unsere Art zu leben: Alles soll schnell gehen, am besten sofort. Störungsfrei, komplikationslos. Und Spaß machen. Lustvoll sein. Einkaufen als Zweitberuf, vieles erledigen, von einem Geschäftscenter zum nächsten eilen, aussteigen, einsteigen, kurze Zwischenrast, auf einem überfüllten Parkplatz noch eine Lücke finden, die Hecktür öffnen, wieder Lebensmittel und Waren verstauen, sich über die automatische Zentralverriegelung ärgern.

So viele Elemente unseres persönlichen Lebens (und Glaubens) benutzen wir wie die Autotür: gedankenlos und automatisch. Und irgendwie erschreckend seelenlos. Angleichung an die Maschinen in unserem Umfeld? Vorrang für das Glänzend-Glitzernde in unserem Denken und Handeln? Wo bleibt Zeit und Aufmerksamkeit für das Menschliche, nicht Perfekte? Ist Hektik, Umtriebigkeit tatsächlich schon überall unumgänglich? Und was ist bei einem Kratzer in der Autotür? Katastrophenstimmung? Oder ist Gelassenheit noch vorstellbar, die Frage nach dem, was jenseits der technischen Funktionalität existieren könnte, was unserem „Leben nach dem Einkauf“ noch Sinn und Halt gibt?
Ein Bekannter erzählte uns von einem Autobegeisterten, der nach einem Schaden an seiner Autotür das ganze Auto verkauft hat. Der Advent ist keine Autotür. Das ist unbestritten. Aber welche Türen öffnen wir für das Wunder von Gottes Menschwerdung in unseren Technik-Alltag hinein?