HELMUT LODER'S Adventkalender
2006 Gott auf Augenhöhe |
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2006 - Gott auf Augenhöhe

20. Dezember

Jesus, gewaltfrei

Heute: Jesus von Nazaret. Für uns Christen und Christinnen die Mitte der biblischen Verkündigung. Welcher Impuls könnte von ihm beschrieben werden?
Er ist so vieles. Er glänzt und spiegelt in alle Richtungen …

DER VIELSEITIGE
Wir kennen Jesus als den Barmherzigen, der Sünden vergibt, mit Aussätzigen und Ausgegrenzten in Berührung kommt. Wir kennen ihn als Heilenden, der Kranke gesund und Blinde sehend macht, der Dämonen, also lebensfeindliche Einstellungen austreibt. Wir wissen auch um den zornigen Jesus, der die Geldvermehrer aus dem Gotteshaus wirft. Zugleich ist er einer der größten Erzähler der Menschheit, der mit seinen Geschichten und Gleichnissen die tiefsten Schichten unserer Seele und die jeweiligen gesellschaftlichen Umstände anspricht. Und wir kennen Jesu unbedingtes Gottesvertrauen, an dem er auch im Tod am Kreuz festhält.

DER ANSPRECHENDE
Wir können diesen vollkommenen Menschen, den Sohn Gottes, nicht gänzlich begreifen. Meist nur in Ausschnitten wird er uns zugänglich. In Anlehnung an ein Wort von Roger Schütz sollte jeder von uns das, was ihn von Jesus unmittelbar anspricht, ganz aufnehmen und für das eigene Leben wirksam werden lassen.

DER GEWALTFREIE
Was mich an Jesus aber besonders beeindruckt, ist seine Gewaltfreiheit. An keiner Stelle ruft er zur Gewalt auf. Nirgends lehrt er, dass man mit Gewalt jemanden zum Glauben, zur Nachfolge, zum Religionsbekenntnis bewegen soll. Mit Jesus sei die Milde gekommen, so äußert sich der Koran und wir sind Mohammed, dem Gründer des Islam, für diese Erkenntnis dankbar.
Gewalt ist, was uns am meisten verletzt, was uns an Leib und Seele zerstört, was das Zusammenleben der Menschen am schwersten beeinträchtigt. Wer die Gewalt überwindet, ermöglicht Frieden, Freiheit, menschenwürdiges Leben und damit jenen Raum für das, was wir uns am innigsten wünschen: für die Liebe. Jesu entwaffnende Gewaltlosigkeit, sein entschiedener Gewaltverzicht, der ihm schließlich das Leben kostet, ist ein mächtiger Impuls, mit dem er für immer in die Menschheitsgeschichte eingeschrieben bleibt. Wer ein ganzer Mann werden will, soll sich Jesus anschließen. Er kann, von den Versuchungen zur Gewalt befreit, immer mehr zum Lieben finden und damit ein glücklicher Bruder des großen Jesus von Nazaret werden.

Text: Wilhelm Achleitner, Direktor des Bildungshauses Schloss Puchberg in Wels und Mitglied des Diözesanausschusses der KMB Linz

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Bild: Kreuzigungsdarstellung von Lydia Roppolt in der Meditationskapelle des Stiftsgymnasiums Schlierbach, Foto: Josef Reiter.