Ein "Musterkind", das hätten viele Eltern (und auch Lehrer) liebend gern. Ein braves, folgsames, liebreizendes Musterkind, ein "Muster" von einem Kind. Ein richtiges Herzeigekind: formschön, lärmarm, mustergültig in Benehmen und Anstand, in der Schule alles Einser, unauffällig, ohne lästige Zicken und Kanten. Das pflegeleichte, reibungslos funktionierende Modellkind. Aber (Gott sei Dank) gibt es solche Kinder (und Jugendliche) nur in der abstrusen Vorstellungswelt einiger weniger Erziehungsberechtigter. Denn die meisten Kinder sind neugierig, und überall dabei, wo sie nichts zu suchen haben, aber immer kreativ fündig werden, trödeln auf dem Nachhauseweg und beim Aufgabenmachen, sind verrückt nach allen möglichen (grauslichen) Süßigkeiten, lassen sich faszinieren von Spiel und Spaß und finden das auch selbstverständlich.
Ich vermute, 99% unserer Kinder sind leider keine Musterkinder. Aber sie sollen es auch nie werden. Das Muster, die Norm ist lediglich ein Annäherungswert. Natürlich, alle Eltern wünschen, dass ihre Kinder gut erzogen, höflich, nett und intelligent werden, aber mehr noch hoffen sie, dass sie zu lebendigen Menschen heranwachsen, offen, tolerant, hilfsbereit und liebenswert. Wir brauchen keine Passformen fürs Kindsein, keine Muster für das Musterkind, keine Gussformen für das kindliche Leben. Es sollte uns hellhörig machen, wenn Eltern sagen: "Wir haben ein Musterkind!"
Heute fragen wir uns, was ein "lebendiges" gesundes Kind eigentlich (aus)macht ?
Helmut Loder
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