Sonntag, 09.03.2008
33 – Lazarus-ZEIT
lazarus
so fand er dich:
begraben und hinabgestiegen in die nacht
in die unbarmherzigkeit des todes
gebunden und gefesselt
in bande geschlagen
wie eine mumie verschnürt
wie ein kokon
aus dem du am ende der zeit herausschlüpfst
so fand er dich in der felsigen steinstille
hineingehauen in den weltenlärm
so fand er dich:
zum todsein verurteilt
aber der zärtlich-lebendige gottmensch
der christus, er brannte sein zeichen
in den rundstein der todhöhle
zerriss die bandagen und fesseln
ließ nicht länger verschlossen das grab
so fand er dich vor
und brach auf den stein
der sich auf dein leben gelegt
und hinterließ jene spuren
die nicht aufhören zu brennen, zu glühen
selbst für totgesagte
... wie dich lazarus
wann findest du mich,
gottmensch und
zerbrichst MEINE fesseln?
Befreiung aus dem Tod. Ins Leben. Zeit der Ent-Bindung, der Ent-Wicklung.
Freiwerden von allem, was uns einschnürt und tötet, unsere Liebe abtötet.
Lazarus, der Ins-Leben-Geholte. Zu viele gibt es noch, die tot sind in ihrem Leben,
vergraben unter vielerlei Zwängen und Ängsten.
Komm heraus ans Licht, komm heraus in das Leben. lass dich rufen von IHM! Es ist Lazarus-time!
* Text zu einem Bild von mir
aus dem Jahre 1992
Foto: Bild: Lazarus, von Helmut Loder
Montag, 10.03.2008
34 – Hör-ZEIT
Zeit zum Hören? Hör-ZEIT!
Fasten heißt auch, intensiver hinhören. Denn inmitten des Lärms
und der grellen Lautstärke unserer Zeit gibt es auch andere sensible Formen des Hörens.
Dieter Matti beschreibt das sehr poetisch an Hand eines Schweizer Freskos:
„Zwei Menschen, die einander brauchen. Die Intimität zwischen Ich und Du.
Das Persönlichste, in jedem Menschen eingegraben,
wie in einem tief verborgenen Schatzkästchen.
Ein Geheimnis, das nur in der zartesten Begegnung geöffnet werden kann.
Ein Raum des Vertrauens, der keine Verletzung erträgt.
Höchste Behutsamkeit tut not. Eine Hand rührt sachte an die andere.
Direkter Blickkontakt kann schon zu viel sein.
Die Blicke gleiten in eine unwägbare Ferne.
Ein Hören ist es, ganz nach innen, das die beiden Frauen verbindet.
Ein Hören, das Letztes nicht zu ergreifen versucht.
Hören, das dem Wunder weiten Raum lässt.
Sich herantasten an das Unsagbare.
Staunen, warten, hören — für Eile ist da kein Platz.
Haben wir Zeit für das Eigentliche, wonach wir uns sehnen?
Das Fresko, das der Rhäzünser Meister in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
in die Kirche Sogn Gieri Rhäzüns malt, erzählt von Maria,
der die Geburt ihres Kindes verkündet wird. Maria ist darob ganz aufgewühlt.
In ihrer Erregung nimmt sie einen langen Weg durchs Gebirge auf sich,
um einen Menschen zu finden, dem sie ihr Eigenstes anvertrauen kann.
Bei ihrer Tante Elisabeth, die ebenfalls ein Kind erwartet,
findet sie den geschützten Innenraum, den sie jetzt dringend benötigt.
(Siehe Lukas 1, 39 ff.)
Die Darstellung, die das Geschehen in volkstümlicher und anrührender Weise
dem einfachen Kirchenbesucher verständlich macht, ist nur vordergründig naiv.
Vielmehr setzt sie kongenial ins Bild, dass das Werden jeden Lebens ein Wunder ist,
das in die innersten Kammern unserer Herzen gehört.“
(Dieter Matti, in ferment 1-2008)
Fasten heißt auf-Hören (mit vielem) und dafür umso mehr Hin-Hören.
Gönnen wir uns ZEIT zum Hören auf das, was Menschen gut tut.
HEUTE empfehle ich ein verstärktes Hinhören auf versteckte Nebengeräusche unseres Lebens! Als da sind die leise Hoffnung in den Nebensätzen beim Partner, der fragende Unterton, eine helle Freude bei … usf.
Foto: ferment
Dienstag, 11.03.2008
35 – Garten-ZEIT
Die bekannte Kinderbuchautorin Annegert Fuchshuber hat vor Jahren im Thienemann-Verlag ein ansprechendes Bilderbuch mit dem Titel „Der vergessene Garten“ veröffentlicht. Sie erzählt darin die Geschichte von der kleinen Kati, die einkaufen geht, und dabei Zeit „verliert“. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit entdeckt sie einen bislang verborgenen Garten. Sie begegnet dem Purzelbaum, der sie in seinem Reich herumführt und ihr viel Eigenartiges, „Vergessenes“ vorstellt: Träume, vergessene Gegenstände und … ZEIT.
„Der Purzelbaum führte Kati zu einem großen alten Baum.
Hunderte von tickenden, schnurrenden, rasselnden Uhren hingen in seinen Zweigen,
jede zeigte eine andere Zeit. Kati machte große Augen.
„Was ist das?“ fragte sie. „Das ist verlorene Zeit“, sagte der Purzelbaum.
„Schau, die gehört dir.“ Er zeigte auf eine kleine rote Uhr:
„Genau eine Viertelstunde.“
Kati staunte. „Wo habe ich die verloren?“
„Heute früh im Bäckerladen: zwei Minuten für die Frau mit dem Vollkornbrot,
drei für die Frau mit den Semmeln, drei für fünfzehn Kipferl,
zwei für ein Brot und fünf Brezeln, fünf für den kranken Wellensittich
und ein Paket Zwieback. Macht zusammen eine Viertelstunde.“
„Und die willst du mir zurückgeben?“ fragte Kati.
„Was soll ich damit anfangen?“
„Du könntest dir ganz gemütlich meinen Garten anschauen“,
schlug der Purzelbaum vor.
„Ach“, sagte Kati zögernd, „pack mir die Zeit lieber ein, damit ich sie mit nach Hause nehmen kann.“
„Auch gut“, sagte der Purzelbaum. Er zog eine Tüte aus der Hosentasche,
schüttete den Inhalt der Uhr hinein, verschloss die Tüte sorgfältig und gab sie Kati.
„Vielen Dank“, sagte sie. „Nichts zu danken“, verbeugte sich der Purzelbaum. Kati trug die Tüte mit der kostbaren Viertelstunde behutsam in der Hand.“
Dass es einen solchen Garten tatsächlich gibt, beweist der ZEITGARTEN in Großsteinbach in der Oststeiermark. Ein Garten der ZEIT. Mit einem spitzen Turm – dem Zeiger – in der Mitte und einer wunderschönen riesigen Landschaftssonnenuhr rundum: Garten-ZEIT.
Eine wunderbare Fastenstation. Sich Zeit nehmen für diesen Garten oder den eigenen. Und ganz kurz taucht die Verbindung zum Garten Eden auf. Dem Garten, in dem ZEIT keine Rolle spielte. Fastenzeit und der Traum von einem Garten der verlorenen ZEIT!
HEUTE empfehle ich Ausschau zu halten nach allem, was Gärten so
faszinierend macht, zum Beispiel ....
Mittwoch, 12.03.2007
36 – Steh-ZEIT
Alles rast, alles rennt. Dieser Steh-Satz ist längst kein Klischee mehr.
Eher traurige Realität. Wir sind mobil und ständig unterwegs. Auf den Straßen.
Viele sind jeden Tag unterwegs, in der Früh, zu Mittag und am Abend.
Weil so viele mit ihrem eigenen Fahr-Zeug unterwegs sind, staut es sich.
Steht alles, stehen alle im Stau. Steh-ZEIT. Kolonnen wälzen sich im Schritttempo
über die Autobahn. Still-Stand in der Bewegung. Der Alptraum aller Mobilisten.
Mobilität ad absurdum geführt.
Da mutet es schon sehr seltsam und ganz anders an, wenn ein Zen-Mönch meditiert:
“Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze,
dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich spreche, dann spreche ich, …
Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten: Das tun wir auch,
aber was machst du noch darüber hinaus?
Er sagte wiederum: Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, wenn ich gehe,
dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, …
Wieder sagten die Leute: Das tun wir doch auch!
Er aber sagte zu ihnen: Nein. Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht,
dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel …“
Karlheinz Geißen, der deutsche Zeitforscher, nennt das Multi-Tasking.
Vieles gleichzeitig tun: Das eine und das andere. Alles. Gleichzeitig. Und sofort.
Essen, lesen, Auto fahren, telefonieren, … Eine bedenkliche Entwicklung.
Fasten-ZEIT. Das Eine tun. Intensiv. Konzentriert. Bewusst. Loslassen lernen.
Das Wesentliche suchen. Nicht alles gleichzeitig. Fasten-ZEIT ist Steh-ZEIT.
Die Zeit anhalten, einfach einfacher leben. Ohne Angst, etwas zu versäumen.
Steh-ZEIT, einmal positiv gesehen. Fastentugend in Reinkultur.
HEUTE empfehle ich, irgendwann im Lauf des Tages „Steh-ZEIT“ einzulegen: In aller Ruhe einen Kaffee zu trinken, …
Foto: Helmut Loder
Donnerstag, 13.03.2007
37 – Schul-ZEIT
‚
„Die Schulglocke ist ein rostiger Eisenträger im Mangobaum. Sobald das Mädchen mit einem Stock auf das Eisen schlägt, verstummt das Gejohle der SchülerInnen. Mary Arwai tritt vor und stimmt die Morgenhymne an: „Unser Land Sudan“. 60 Kinder der Schule stimmen in den Refrain ein. Morgenparade in der Grundschule von Kulekuic, einem kleinen Dorf im Südsudan.“
Schul-ZEIT einmal gänzlich anders.
Im Südsudan war Schule bislang „Bubensache“, schreibt Michaela Ludwig in der neuen Ausgabe der Kinderzeitschrift „weite welt“. Für Mädchen galt Bildung als überflüssig und schlicht zu teuer.
Noch heute werden in diesem Land Mädchen früh verheiratet. Schule ist Luxus.
Verbunden mit Schulgeld. Der junge Staat gibt für Bildung kein Geld aus.
Deshalb kümmern sich Hilfsorganisationen um Schulen. Aber es zeichnet sich kontinuierlich ab: Immer mehr Mädchen gehen in die Schule. Damit sie aus der Spirale der Ausbeutung aussteigen können. Mary sagt: „Mein Vater sagt, dass ich lernen soll, damit ich später ein gutes Leben habe! Ich möchte Ärztin werden und alle Krankheiten bekämpfen, die es bei uns gibt!“
Die Zeit der Schule als Zeit der Hoffnung. Auf ein gutes Leben. Zur Überwindung von Not, Elend, Krankheit und Unterdrückung. Sie wissen, warum sie die Strapazen auf sich nehmen.
Sie haben ein Ziel vor Augen. Die Schule als ein Ort der Chancen auf eine erfüllte ZEIT im Leben.
Zeit für die Schule. Die Mädchen und Burschen im Sudan sehen Schule anders als viele jungen Menschen in unseren Ländern. Sicher, die Unterschiede sind riesengroß und auch bei uns gibt es manche, die gern und mit großer Begeisterung in die Schule gehen. Aber wir sehen auch frustrierte gelangweilte Gesichter, und erleben Kinder, die sehr unzufrieden sind mit sich selbst, den Umständen, die so gar keinen Bock auf „Schule“ haben.
In die Schule der ZEIT gehen. Wie sieht sie aus, die Schule von heute und wie könnte sie aussehen? Was macht die Faszination einer tollen Schul-ZEIT aus? Der Stoff, die Lehrer, die Mitschüler, …? So wie es der Schule ergeht, scheint es auch der Kirche zu gehen. So viele Schätze könnten wir heben, Lebens-Mittel stünden bereit, aber irgendwie ist den Menschen der Hunger abhanden gekommen, der Appetit und die Lust aufs Lernen und Entdecken vergangen.
Schul-ZEIT, eine lange Zeit. Angeblich mehr als 16.000 Stunden Schule im Durchschnitt …
HEUTE empfehle ich einen Blick in die Vergangenheit: Wie erlebte ich meine Schul-ZEIT und woran erinnere ich mich gerne?
Freitag, 14.03.2007
38 – Lauf-ZEIT
In diesen Tagen stolpere ich in einem fort über Inserate fürs Laufen.
Kleidung, Schuhe, Bücher, Laufevents, die ganze Gesellschaft scheint unterwegs zu sein.
Laufen ist gesund, keine Frage. Es berührt mich nur seltsam, wenn daraus eine Heilsbewegung wird, die mehr als religiöse Formen annimmt.
Andererseits ist es in unserem Leben sehr oft einfach zum Davonlaufen.
Zu Weihnachten 2006 war es das ganz konkret beim Tsunami.
Die Geschichte der Katastrophe von der zerstörerischen Riesenwelle,
die das Leben tausender Menschen radikal vernichtet und vieler Angehöriger verändert hat,
hat auch zu tun mit dem Faktum des Davonlaufens. Darüber las ich im „Standard“
einen berührenden Ausschnitt aus einer Erzählung von Silvia Pistotnig übers Davonlaufen.
Eine junge Frau läuft um ihr Leben. Rettet sich in letzter Sekunde auf einen Baum.
Überlebt. Eine Lauf-ZEIT ins Leben.
Sie ist um ihr Leben gelaufen. Laufen war zuvor einfach ein Sport,
ein Weg, sich zu entspannen. Plötzlich wird dieses Laufen zur Überlebenschance.
Sie läuft vor der Welle davon. Lauf-ZEIT: Sich in Sicherheit bringen.
Zumeist ist es umgekehrt: Davonlaufen ist negativ. Wenig geschätzt.
Hier rettet es der jungen Frau das Leben. Hilft überleben.
Für viele war dieses Unglück das „Ablaufdatum“.
Ihre Lebens-ZEIT fand ein jähes, unerwartetes Ende. Unvorhersehbar.
Fasten bedeutet, mit diesem Unvorhersehbaren rechnen,
sich neu darauf einlassen, mit dem Unabwendbaren regelrecht anfreunden.
In kleinen Kontakten und Begegnungen. Abschiede, Trauer, Tod.
Lebenserfahrungen, vor denen man am liebsten davonlaufen möchte.
Fasten bedeutet: Es ist nicht sinnvoll, blindlings davonzulaufen.
Vor der ZEIT der scharfen Schnitte, der Entscheidungen.
Laufen kann so gesehen mein Leben bereichern. Ob beim Tsunami oder daheim.
Laufen heißt, ZEIT reservieren für das Unvorhersehbare, Unerwartete.
Damit rechnen. Es erwarten. Laufen ist toll. Ich erlebe es oft.
Und lerne, dass es in vielen Bereichen unserer Existenz einen Ablauftermin gibt.
HEUTE empfehle ich ein spirituell aufregendes Buch von Frater Michael Bauer „Die Seele läuft mit“ aus dem Integral-Verlag. Der Benediktinermönch aus dem Kloster St. Paul propagiert meditatives Laufen im Rahmen einer ganzheitlichen Laufschule. Ein ungemein vielschichtiges Buch, das sehr anregend wirkt! Lesen und … selber Laufen!
Samstag, 15.03.2008
39 – Jesus-ZEIT
Es gibt ein Lied, das ich gerne singe und dessen Text mir ausnehmend gut gefällt:
Eines Tages kam einer …
Es ist ein Jesus-Lied und erzählt in mehreren Strophen, rhythmisch verdichtet und auflistend, was diesen Rabbi Jeschua so besonders anziehend machte, beziehungsweise, was getan hat, dass er so „gewirkt“ hat. So einzigartig und einmalig war. Ein großartiges Jesus-Bekenntnis in poetischer Form. Verbunden mit einer leicht singbaren Melodie.
Der Text lautet bekanntlich:
Eines Tages kam einer, der hatte einen Zauber in seiner Stimme, eine Wärme in seinen Worten, einen Charme in seiner Botschaft.
Eines Tages kam einer, der hatte eine Freude in seinen Augen,
eine Freiheit in seinem Handeln, eine Zukunft in seinem Zeichen.
Eines Tages kam einer, der hatte eine Hoffnung ein seinen Wundern,
eine Kraft in seinem Wesen, eine Offenheit in seinem Herzen.
Das Lied fasziniert mich stets von neuem. Es schildert in klaren verständlichen Bildern und Begriffen die wichtigsten Aussagen und Erfahrungen mit Jesus. Die Menschen erlebten ihn ja als einen, heilsam und wunder-voll, den sie verstanden und der ihnen beistand.
Deshalb rufe ich heute die Jesus-ZEIT aus. Es ist nämlich höchste ZEIT, am Vorabend der Karwoche, den Fokus auf Jesus zu richten. Schließlich geht es in den nächsten Tagen in erster Linie nicht mehr nur ums Abnehmen, um Diätpläne oder andere Lebensregeln für Gesundheit an Leib und Seele. Die kommenden Tage wollen uns einstimmen auf die vorösterlichen Feiern, die Erinnerung an sein Leiden, Sterben und Auferstehen.
Eines Tages kam einer, der hatte eine Liebe in seinen Gesten,
eine Güte in seinen Küssen, eine Brüderlichkeit in seinen Umarmungen.
Eines Tages kam einer, der hatte einen Schatz in seinem Himmel,
ein Leben in seinem Tod, eine Auferstehung in seinem Glauben.
Jesus, der Mensch mit dem goldenen Herzen kommt: „Eines Tages kam einer mit einem großen weiten, weiten Herzen, einem Herzen voller Leben, einem Herzen voller Liebe!“ (Franz Kett). Morgen, am Palmsonntag geht es los. Die Jesus-ZEIT ist angebrochen.
HEUTE könnte ich für dieses Lied eine neue Strophe überlegen, formulieren, ….
Helmut Loder
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