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Vorbemerkung
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Ein Fastenprojekt von Helmut Loder

43 KLANG_WEG

Religion braucht KLANG. WEGe, das Geheimnis von Tod und Auferstehung sinnlich zu entfalten. Hörbar zu machen. Musik wäscht bekanntlich nicht nur „den Staub von der Seele“ (altes Sprichwort), sondern ist längst ein anerkanntes und erprobtes Mittel, den Antworten des Glaubens Gehör zu verschaffen. Musik übersetzt die Hoffnung auf Leben in wunderbare Klangwelten. Der Halleluja-Ruf ist deshalb die Sprache des Herzens.

In letzter Zeit verstärkt sich – auch für mich – der Eindruck, dass immer mehr Menschen durch „musikalische Exerzitien“ einen Zugang zu religiösen Fragestellungen finden. Aufführungen von Mozarts Requiem, Fastenkonzerte, oder Joseph Haydns „Sieben letzte Worte Jesu am Kreuz“ finden sich als Einladung auf Plakatwänden und in den Zeitungen. Ein interessantes Phänomen: Teilhabe an der Spiritualität dieser Tage durch musikalischen Hochgenuss bei Konzerten, Orgelmeditationen zur Fastenzeit, Messen, Aufführungen alter Musik, aber auch in den Grenzgängen zu anderen Religionsgemeinschaften wie in den Veranstaltungen der Galerie St. Barbara in Hall in Tirol.

Es ist kein Ende abzusehen: Schon vor Jahren sorgte die Künstlergruppe Orpheus Trust mit dem Projekt KLANGwege für Aufsehen, überzog sie doch den 7. Wiener Gemeindebezirk mit einem Netz von Hörstationen und ausgewählten Musikbeispielen. In der Bundeshauptstadt Wien gibt es außerdem KLANG_WEGE der besonderen Art: Beim OsterKlang Wien 2006 kann man zum Beispiel am Ostersonntag um 23 Uhr das Oster.Nachtkonzert mit dem Osteroratorium von J.S. Bach hören. Mit der begleitenden Klanginstallation „Engelspfad“ in der Wiener Innenstadt 2000 und 2001 gelang dem Festival ein wichtiger Beitrag zur Auseinandersetzung von Kunst und Religion im öffentlichen Raum.

In Graz bietet die Reihe PSALM 2006 Musikliebhabern und Kennern von Aschermittwoch bis 30. April ein buntes intensives Programm. Der KLANG_WEG führt von der Mystik des frühen gregorianischen Chorals über den feinsinnigen Klangzauber des französischen Barock hin zur überwältigenden volkstümlichen Frömmigkeit des Gospelgesangs. Das Festival untersucht die Zusammenhänge von Religion und Gefühl und zeigt auf, wie intensiv Leid und Leidenschaft in der Karwoche ineinander greifen. Hier spielt die Musik als direktestes Medium der Übertragung von Gefühlen eine wichtige Rolle. Verzweiflung, Trauer, Trost und Freude finden unmittelbaren Ausdruck, sprechen auf ihre eigene Weise von Erfahrungen, die mit Worten allein unsagbar bleiben.

Manchmal stimmt alles: die Atmosphäre, das Motto oder Leitthema und die Sensibilität für die Fragen nach dem letzten Sinn und der Gottesfrage. Musik ist ein enorm wichtiger Seitenweg in der Fastenzeit für einen fundierten Blick auf unsere Traditionen mit Palmbuschen und Fastenspeisen. Es ist spirituelle Kunst: KLANG_WEGE für die Seele.

Fasten heißt nicht immer weniger. Manchmal wäre ein bisschen mehr Konzentration und Hellhörigkeit für die vielen KLANG_WEGE in unseren Tagen wünschenswert.

Wie sehen meine eigenen KLANG_WEGE aus? Was höre ich in der Karwoche undwas höre ich nicht (mehr)?

Unser Glaube braucht KLANG_WEGe, damit die österliche Freude in die Seele fallen kann, ansteckend und befreiend lebendig!

 

44 BROT_WEG

Im Naturpark Raab gibt es neben vielen anderen Wegen auch einen BROT_WEG . Und der heurige Fastenkalender des Vikariats unter dem Wienerwald heißt WEG DES BROTES . Anlass genug, diesen BROT_WEG heute – am Gründonnerstag – zu betrachten. Denn Brot ist nicht einfach ein Grundnahrungsmittel. Brot ist mehr: Sattwerden und Segen, Fest und Feier, Leben erhaltend und stiftend in sinnlicher Form.

In der Bäckerei Strohmayer in Graz hängt im Verkaufsraum ein 10 m langer Aluminiumstreifen, auf den die Künstlerin Melitta Moschik das Wort BROT in 17 Sprachen gedruckt hat: bread, ekmek, pan, kruh, pane, brod, leipä, pao, hleb, bröd, pain, buke, püine, kenyér, brood, psomi und Brot. Hier wird Brot verkauft und gekauft. Brot für Steirer und für viele hungrige Menschen aus anderen Ländern. Alle essen gerne Brot. Das Wort füllt den Raum und der Duft des frischen Brotes streicht um die Nase. Es duftet köstlich. Die Installation der vielsprachigen Bezeichnungen für dieses schmackhafte Wunder lässt die globale Faszination erahnen. Brot ist mehr als Nahrung. Es steht für Leben und für den, der sich selbst als Brot des Lebens verstanden hat.

In diesem kleinen unscheinbaren Stück Brot offenbart sich ein Geheimnis unseres Glaubens. Jesus hat sicher auf seinen langen Wanderungen und Wegen mit seinen Freunden und Begleitern Brot gebacken, geteilt und gegessen. Er wusste um seine Bedeutung und Notwendigkeit. Brot ist Leben, Leben heißt Gemeinschaft.

So ist es nicht überraschend, wie wichtig ihm die Einsetzung des gemeinsamen Brotbrechens und Miteinander-Essens war. Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Das ist der Laib für die Welt und ihre Erlösung. Ich bin das Brot, das euch stärkt, in dem Gott zu jedem von euch kommt.

Die Wege zu Gott sind lang. Gott sei Dank gibt es zahlreiche Haltestellen und Rastplätze, um miteinander Brot zu essen, mit den Menschen das Leben zu feiern. Gib uns (auf unserem Weg) das tägliche Brot.

Lothar Zenetti beschreibt Jesus so: „Einer / der sich verschenkte / der gab, was er hatte / der Brot wurde / und Wein / ein Stück Brot / ein Schluck Wein / für alle / die hungern / und dürsten nach Brot / nach Liebe / nach Gerechtigkeit // Seht / welch ein Mensch / der sich nehmen ließ / brechen, kauen, aufzehren / Stück um Stück / Tag um Tag / schlucken, schlürfen / ausnutzen, austrinken / bis zum letzten / Tropfen seines Blutes.“

Er, der so stark war, ließ sich brechen. Lieferte sich aus. Wurde Brot.

Jesus hinterlässt sich seinen Freunden im Brot der Liebe. Tut dies zu meinem Gedächtnis. Geht den Weg des Brotes. Wo zwei oder drei zusammenstehen und –sitzen, und Brot essen, da bin ich mitten unter ihnen. Das feiern wir im BROT_WEG des heutigen Tages.

P.S. : Der Fastenkalender „Der Weg des Brotes“ ist hervorragend!

 

45 KREUZ_WEG

KREUZ_WEGe. Mehrzahl. Ärgernis. Leidenswege. Es gibt sie im Leben, manchmal, immer wieder, sehr oft, ständig, unverhofft, überraschend. Kreuze am Wegrand. Kreuze im Leben. Allerorten, rundherum. Eine unheilbare Krankheit, eine tiefe Enttäuschung, eine schwere Schuld. Plötzlich ein Kreuz. Auf meinem Weg ...

KREUZ_WEGe sehen nicht schön aus: Menschen werden misshandelt, behindert, vertrieben, ausgenutzt bis zum Letzten, verleugnet, unterdrückt, missbraucht, gequält, weggeworfen und erniedrigt, ...

KREUZ_WEGe haben Tradition. In der Geschichte des Menschen. Leid, Tod und Vernichtung, Auslöschung: KREUZ_WEGe haben immer Saison. Die Sackgassen, Einbahnen, Endstationen, sie sind weiterhin üblich und in Gebrauch. Menschen tragen Kreuze, zimmern Kreuze, werden einander zum Kreuz ...
KREUZ_WEGe sind populär. Kreuzigt ihn, löscht ihn aus, schreien und schreiben die Hassprediger aller Couleurs. Tötet ihn/sie/diese da/die anderen/die Minderwertigen/die Lebensunwerten/die Alten/Erschöpften/Süchtigen ...
KREUZ_WEGe sind Straßen des Leidens. Es geht vorbei an elektrischen Zäunen, Stacheldrahtmauern, Straßensperren, Umleitungen mit bewaffneten Posten. Hinein ins Niemandsland, wo kein Recht gilt, und das Sterben ungefilmt bleibt, beim Verhungern und Foltern ...

Sein KREUZ_WEG geht zu Ende. Sein Leben, seine Worte, sein Taten, seine Kraft. Dort, wo der Himmel auf die Erde trifft, hängt ER, dieser Jesus, verzweifelt und schreiend, im Kreuz und Quer seines Lebens. Ausgeliefert, abgeschoben und mund-tot gemacht. Vater, vergib ihnen! Wissen sie, was sie tun? Die Soldaten, Generäle, Zuschauer und Fanatiker...

KREUZ_WEGE sind Todeswege. Fix eingeplant im Geschäftsbericht unserer Zeit. Einkalkuliert. Alljährlich stellen wir neue Kreuze auf. Uns zu erinnern. Ans Unrecht, das Dunkel, die verzweifelten Schreie, den sinnlosen Tod von Millionen Menschen. Karfreitag, ein KREUZ_WEGs -Tag. Gott wurde Mensch. Bis in den tiefsten Schmerz, bis in den schrecklichsten Tod hinein. Wir stehen an. Vor dem Kreuz am Ende des Weges. Die Leuchtschrift in den Auslagen der Geschäfte in der via dolorosa blinkt in einem fort „WARUM?“...

 

46 PANORAMA_WEG

Viele Wege liegen hinter uns. Dunkle Straßen und sonnige Abschnitte, breite Wege, schmale Gassen. Kann es nach dem gestrigen KREUZ_WEG noch einen hoffnungsvollen Weg in die Zukunft geben? Ich glaube: JA! Abgesehen davon, dass noch viele Wege zu entdecken wären, zum Beispiel der MITTEL_WEG oder ein noch unbekannter „Adler-Weg“ fasziniert mich als Sinn-Bild für heute und morgen der PANORAMA_WEG. Der Weg ins Licht. Ein Weg mit viel Aus-Sicht und vielen Ein-Sichten.

Ein PANORAMA_WEG lädt bekanntlich zum Spazieren und Wandern in schönster Aussichtslage entlang eines Berges ein. Er ist meist gut erschlossen und eignet sich somit für kürzere und längere Wanderungen. Entlang des PANORAMA_WEGes finden wir zahlreiche Aussichtspunkte, welche einen guten Ausblick auf Berge oder andere Sehenswürdigkeiten wie Seen, Flüsse oder Täler bieten. Aber auch die vielfältige Pflanzen- und Tierwelt hat ihren speziellen Reiz. Die am Weg liegenden kulturellen oder ökologischen Schutzobjekte ermöglichen einen Blick in die Vergangenheit. Zahlreiche Raststätten oder sogar Aussichtsrestaurants entlang der Wege laden zum Verweilen ein. Bei manchen PANORAMA_WEGen ist man zeitweise auf Nebenstraßen und Forstwegen unterwegs, vorbei an kräuterreichen und duftenden Heiden, an bizarren Felsformationen und durch grüne Buchenwälder. Naturdenkmäler säumen meist den Weg.

Ostern ist für mich wie ein PANORAMA_WEG. Wir Menschen haben Hunger nach Licht. Sehnsucht nach LEBEN. Selbst der Tod und seine unumstößliche Gewissheit können die Lust und die Freude am Leben nicht verdrängen. Immer wieder gehen wir los, brechen wir von neuem auf. Getrieben von der Hoffnung nach LEBEN. Angespornt durch das Bekenntnis: Jesus ist auferstanden vom Tod.

Der Tod hat keinen Stachel mehr. ER hat den Tod in Leben umbenannt. Eine schöne Überschrift für OSTERN. Jesus sagt nicht: Der Weg ist zu Ende. Das wars. Er verwandelt den Tod in einen Abschnitt auf unserem Lebensweg, der uns hinführt zu Gott. Er nimmt uns mit auf den PANORAMA_WEG der Liebe.
Er selber ist der beste Wegweiser und Wegbegleiter. Er führt uns zum Wunder des Lebens hinauf bis zur hochgelegenen Jausenstation „Zur Auferstehung“. Jesus lässt uns das gleißende Sonnenlicht der Liebe Gottes sehen. Ostern – der PANORAMA_WEG der entscheidenden Hoffnung. Ein Weg, den zu gehen, sich lohnt.

Nicht nur allein, mit all unseren Lieben und Freunden. Zu feiern ein Fest der Freude: ER hat den Tod in LEBEN umbenannt! Halleluja!
Mit diesem PANORAMA_WEG beende ich meine Fastenimpulse und wünsche allen, die dabei waren, ein gesegnetes Osterfest!

 

2006

43 KLANG_WEG
44 BROT_WEG
45 KREUZ_WEG
46 PANORAMA_WEG