Mag. Walter Drexler
Theologe, 18 Jahre Priester in Pischelsdorf, Wagna, Strass
und Graz-Andritz; seit 2005 laisiert, zur Zeit Religionslehrer an der LBS Mitterdorf/Mürztal;
Mitarbeiter bei Antenne Steiermark.
Bild: Pietà von Michelangelo
Pietà – einst und heute
Jetzt wird mein Elend voll, und namenlos
erfüllt es mich. Ich starre wie des Steins
Inneres starrt.
Hart wie ich bin, weiß ich nur Eins:
Du wurdest groß -
... und wurdest groß,
um als zu großer Schmerz
ganz über meines Herzens Fassung hinauszustehn.
Jetzt liegst du quer durch meinen Schoß,
jetzt kann ich dich nicht mehr gebären.
(Rainer Maria Rilke)
Seit meiner ersten Romreise lässt mich ein Marienbild nicht mehr los: Die Pietà von Michelangelo im Petersdom. Das überaus zarte und melancholische Gesicht der jungen Mutter, die den toten Sohn wie ein kleines Kind im Schoß hält. Eine Momentaufnahme einer faszinierenden, viel sagenden, ausharrenden, suchenden, singenden, leidenden, sorgenden, hoffenden, glaubenden Frau MARIA.
Die Pietà (italienisch: Frömmigkeit, Mitleid; auch: Vesperbild) ist aus der bildenden Kunst nicht mehr wegzudenken und hat auch viele Nachahmer gefunden. Bis heute.
Die moderne Pietà ist die Frau auf dem Boden.
Die Frau, die weint.
Die Frau mit bohrendem Gewissen.
Die Frau mit Alpträumen.
Die Frau, die verlassen.
Die Frau, ganz und gar gebeugt.
Die Frau auf dem Boden, die schreit ihren Schmerz heraus.
Die Frau auf dem Boden, vom Gerede von Schuld ganz zerbrochen.
Hebe deine Augen auf!
Höre, die alte Pietà, die Gottesmutter Maria spricht zu dir!
Sie sagt dir: „Für dich und dein Kind habe ich meinen Sohn im Schoß getragen, auf meinen Knien gewippt und ihn tot auf meinem Schoß gehalten!
Damit ihr erlöst seid, du und dein totes Kind!
Helmut Loder
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