Sonntag, 25.02.2007
19 - Ufer:Stein
![Uferstein](images/2007/19-uferstein.jpg)
Vom Umkehren ist heute im Evangelium die Rede. Und von Bekehrung. Von der Rückkehr zu Gott. Das Zauberwort heißt JETZT: Jetzt ist die Gelegenheit, umzukehren, jetzt gibt Gott uns eine neue Chance.
Gleicht nicht mein und dein, unser aller Leben dem Feigenbaum? Lange Zeiten unfruchtbar, ohne Zukunftsperspektive? Immer in Gefahr, ausgerissen und verbrannt zu werden? Jesus gibt seine Antwort durch den Mund des Gärtners: Abholzen ist keine Lösung. Jesus legt Fürsprache ein. Er glaubt an den früchtelosen Baum, an den unscheinbaren Stein auf seinem Weg: Es wird schon noch werden, es kann sich daraus etwas entwickeln …
Wolfgang Wagerer hat in einem Text der Zeitschrift „Weite Welt“ vor einigen Jahren die Hoffnung und den Glauben an das Gute im Menschen, an die Chance der Umkehr in das Bild vom Uferstein gekleidet:
An der Grenze zwischen Wasser und Land,
spielt das Wasser mit den Steinen.
Das weiche Wasser umspült die harten Steine,
schleift sie rund – nichts bleibt spitz.
Die nassen Steine glänzen und strahlen,
sie geben ein buntes, vielfältiges Bild.
Wenn sie trocknen, werden sie blass und stumpf.
Aber ein einziger Wassertropfen weckt die Farben auf,
die in ihnen schlummern, sie strahlen auf und leuchten.
Jeder Stein hat ein Gesicht, Linien durchziehen seinen Körper.
Und schnell erinnert mich der Stein – an mich.
Auch ich bin nicht aus einem Stoff, in mir ist Hartes und Weiches,
Helles und Dunkles, Grobes und Feines. Alles an seinem Platz.
Auch meine Umgebung umspielt mich, schleift meine Ecken ab,
macht mich rund. Sie zeigt mir, wie ich wirklich bin.
Keiner muss bleiben, wie er ist.
Und fällt ein Tropfen Freude in mein Herz,
berührt mich ein Blick, eine Hand oder ein Lachen,
dann beginnt auch in mir etwas zu leuchten,
Farben strahlen auf und das Leben wird bunt.
Heute will ich Freude in den Sonntag bringen!
Auf meinen Fastenstein male ich einen bunten Tropfen!
Montag, 12.03.2007
20 - Urgestein
Urgestein. Klingt sofort nach grauer Vorzeit, nach gewaltigen Erdbewegungen, Auffaltungen und Verschiebungen, Tektonik, nach Vulkanen und Eruptionen, hohem Druck und hohen Temperaturen. Früher glaubte man tatsächlich, dass Gesteine wie Granite, Gneise oder Schiefer zu den ältesten der Erde gehören. Heute wissen die Geologen, dass dem nicht so ist. Zu jeder erdgeschichtlichen Zeit können solche Gesteine entstehen. Kontinente wandern, stoßen zusammen und dauernd werden Gesteine in große Tiefen gedrückt und durch die dort herrschenden Umstände umgewandelt.
Aber Urgestein, das hört sich tatsächlich gut an. In unserer Sprache verwenden wir ziemlich oft das Bild vom „Urgestein“. Und meinen damit kein geologisches Material. Meist bezeichnen wir damit jene Menschen, die seit „Urzeiten“ dazugehören. Die von Anfang an dabei sind, die man sich nicht mehr wegdenken kann. Die mit einer Sache von Grund auf verbunden sind, Urgestein eben. Mick Jagger von den Rolling Stones ist so ein Urgestein der Rockmusik.
Urgestein, von Anfang an dabei. Untrennbar seit ewigen Zeiten verbunden. Gibt es ein solches Urgestein im Glauben auch? Wie sieht er aus, der Untergrund, das Fundament, worauf sich alles stützt und aufgebaut ist? Ich zögere mit einer Antwort. Da wird es sicher viele Antworten geben …
Ist es nicht der Glaube an den Gott der Liebe? Ganz sicher nicht an einen Rachegott, der kontrolliert und nur die Puppen, die Marionetten tanzen lässt! Als Urgestein entpuppt sich mehr und mehr die Botschaft von dem Gott, der seine Schöpfung liebt und den Menschen Freiheit schenkt.
In diesen Tagen der Fastenzeit habe ich einen Text von Andres Schwarz gelesen, der mich sehr angesprochen hat:
Gott ist anders: vergiss alle Eigenschaftswörter / verbrenn alle Bilder / trau keinem Namen / rechne nicht mit dem Berechenbaren / nimm Abschied von deinen Erwartungen / und lass dich überraschen / alle Versuche dir einen Hausgott zu basteln / sind vergebens / Gott ist ganz anders / aber er sucht dich / wenn du dich finden lässt / er findet dich / wenn du ihn suchst
Das Urgestein, der der von Anfang an dabei war. Mehr noch, der der Anfang ist.
Ein steiniger Weg vom Gott, der da ist bei Mose und sich selbst hineinschenkt in die Welt als Rabbi Jeschua, um sie zu erlösen. Urgestein, die Frohe Botschaft, überschrieben mit Liebe.
Wie sieht für mich das Urgestein des Glaubens aus?
Dienstag, 13.03.2007
21 – Asylstein
![Asylstein](images/2007/21_asylstein.jpg)
?Der Stein ist ziemlich unscheinbar. Verloren und unauffällig steht er vor dem Zugang zur
Leechkirche in der Zinzendorferstraße in Graz. Ein Asylstein, vermutlich zwar eher ein
Burgfriedstein, der die Grenze der Besitzungen des Deutschen Ordens markierte.
Aber der Name lässt aufhorchen. Ein Asylstein? Was ist das wirklich?
Es ist ein besonderer, wichtiger Stein. Ihn zu berühren, konnte lebensrettend sein. Dann
erhielt jene Person, die das tat, Asylrecht. Schutz. Vor Verfolgung. Die Gründe waren nicht
wirklich ausschlaggebend. Und jene oder jener konnte nicht einfach gefangen genommen
oder verurteilt werden.
Aus geschichtlichen Unterlagen geht hervor, dass im 15. Jahrhundert einige Stadtkommunen
und kirchliche Gemeinden in Südwestdeutschland ein verbrieftes Asylrecht besaßen.
Betzingen, Reutlingen oder Pfullingen hießen die Orte mit einem Asylstein oder Asylstuhl.
Sie wurden aufgestellt, „weil der Gedanke daran, dass ein Mensch willkürlicher Gewalt
ausgesetzt ist ohne die Möglichkeit, Recht zu finden, unerträglich war“. Die Gewährung des
Asyls schloss auch den Schutz des Eigentums des Betroffenen ein.
Schutz vor Verfolgung, Hilfe gegen Willkür und Macht. Gegen willkürlich angewandtes Recht.
Der Asylstein war ein hohes Vorrecht, ein Privileg.
Ein Stein schützt. Allein durch seine Existenz. Er bleibt hart. Recht muss Recht bleiben. Bis
hierher und nicht weiter. Wie sieht es in der Gegenwart aus? Welche Asylpolitik verfolgen wir
im 21. Jahrhundert? Können Flüchtlinge – aus welchen Gründen auch immer! – bei uns mit
Toleranz und Solidarität, mit Verständnis und Offenheit rechnen? Wie sehe ich selbst die
Fremden, die Flüchtlinge und Vertriebenen?
Manchmal wird es schon sehr heiß zugegangen sein am Asylstein. Diskussionen, Übergriffe,
Meinungsverschiedenheiten. Aber es war ein Schutz. Durch einen Stein.
Es muss aufregend sein, (wenigstens) in der Fastenzeit einen solchen Asylstein vor der
Pfarrkirche aufzustellen. Und zu beobachten, was dann geschieht …
Wie gehe ich mit Ungerechtigkeiten um?
Wehre ich mich oder bleibe ich hilflos und stumm?
Auf meinen Fastenstein ritze ich „ASYL“ ein!
Mittwoch, 14.03.2007
22 - Edel:Stein
![Edelstein](images/2007/22-edelstein.jpg)
Vor einiger Zeit lief in unseren Kinos der Film „Blood Diamond“ mit Leonardo di Caprio, eine Geschichte über Südafrikas Diamanten- und Edelsteinindustrie und deren Probleme. Eine blutige Story. Tod und Leben, Gewalt, Liebe und wunderschöne edle Steine. Edelsteine.
Edelsteine spielen im Leben der Menschen als Schmuck vermutlich schon seit ca. 10.000 Jahren eine wichtige Rolle. Aber immer noch fordert uns die gleiche Faszination heraus; der Glanz, die Farbenpracht, das Außergewöhnliche, die Transmission von Licht. Geschichtlichen Zeitdokumenten zufolge wurden die ersten Diamanten vor mehr als 2800 Jahren in Indien entdeckt.
Edelsteine sind für viele Menschen so etwas wie ein Hauch von Magie. Wie geheimnisvolle Blütentriebe keimen die kleinen Kristalle im heute noch lebendigen Felsgestein, das schon vor Jahrmillionen durch das Spiel gewaltiger Naturkräfte entstanden ist. Mineralien werden heute nur dann in den königlichen Stand des Edelsteines erhoben, wenn sie drei Kardinaltugenden aufweisen, die ihnen Würde und Wert verleihen: Schönheit, Seltenheit und Dauerhaftigkeit.
Steine sind nicht immer grau und stumpf, mit einer groben Oberfläche. Edelsteine und Schmucksteine zeichnen sich durch wunderschöne Formen und atemberaubende Farbspiele aus. Sie sind leuchtende Botschafter einer faszinierenden Welt.
Herausragend, perfekt in ihrer Erscheinung.
Edelsteine sind kostbar und kostspielig. Teuer. Wertvoll.
In diesen Tagen der Fastenzeit bedenken wir immer wieder von neuem das Leben, unser eigenes Leben. Es ist ungeheuer wertvoll.
Ich will es vergleichen mit einem Edelstein, der immer wieder neu geschliffen und gefasst wird, ein Juwel, das behütet und geschützt werden muss.
Unser Leben, ein Edelstein. In seinem Inneren brennt ein Licht, der Schöpfungsfunke, der jedem Menschen von Gott geschenkt wurde. Wer das Leben liebt, wird funkeln und gleißen, kann leuchten und schön sein. Daran will ich heute denken.
Merken meine Mitmenschen, wie kostbar mir das Leben ist?
Donnerstag, 15.03.2007
23 – Feuer:Stein
![Feuerstein](images/2007/23-feuerstein.jpg)
Feuer und Stein. Der Stein des Feuers. Der Energie und der Wärme. Wenn aus dem Stein das Feuer wächst, der Funke spritzt, die Wärme erwacht, dann kann es ein Feuerstein sein.
Ein großer handlicher Keil, der Stein, der Feuer spuckt. So müssen unsere Vorfahren die Situation erlebt haben: Geheimnisvoll und rätselhaft, überraschend und zugleich mühselig ist es, aus den harten Steinen die lebendigen Flammen herauszuschlagen. Der Stein spricht die Sprache des Lichts, aber er ist launisch und unberechenbar, nicht immer gibt er freiwillig und schnell her, was sich in ihm versteckt hält. Und was die Menschen brauchen.
Entgegen mancher Vermutung kann man durch Aneinanderschlagen von Feuersteinen allein keine Funken zum Feueranzünden erzeugen. Hierzu braucht man Pyrit (FeS2), den man gegeneinander schlägt. Noch besser geht es mit Pyrit und Feuerstein, daher auch der Name, aber die Funken stammen aus dem Pyrit (von griechisch πῦρ pyr = Feuer). Aus Feuerstein wurden schon sehr früh verfeinerte Werkzeuge wie Faustkeile und Waffen hergestellt.
Ist es nicht ungemein beeindruckend, dem harten Material Feuer, Licht und Wärme zu entlocken? Im Stein ist so viel verborgen. Manches kann man nur durch große Anstrengungen gewinnen, anderes liegt offen dar. Direkt an der Oberfläche. Ist es nicht auch bei uns Menschen vergleichsweise ähnlich?
Tief in uns schlummern Talente und Begabungen, Fähigkeiten und Kräfte, die wir entfalten können, wenn wir bereit sind. Wenn wir selbst an ihnen arbeiten oder sie mit Hilfe unserer Mitmenschen zur vollen Blüte bringen.
Aus dem Stein kann Feuer und Licht wachsen. Durch uns kann das Leben hell und freundlich werden, durch meine Talente kann in dieser Welt die Dunkelheit und das Finstere, die Kälte und der Tod immer wieder zurückgedrängt werden. Vielleicht sollten wir die Fastenzeit mit dem Bild des Feuersteins so verbinden, dass in uns die Kraft und die Gabe schlummert, diese Welt mit Licht und Liebe zu erfüllen, dass wir mit diesen Werkzeugen die Gottesspur sichtbar machen können …
Welche Fähigkeiten fürs „Feuerschlagen“ sind in mir verborgen?
Freitag, 17.03.2007
24 – Ein:Stein
![Einstein](images/2007/24-einstein.jpg)
Heute möchte ich einen Menschen vorstellen, der mit Steinen zwar wenig im Sinn hatte, aber durch seine Forschungen und Erkenntnisse dafür sorgte, dass in der Physik kein Stein auf dem anderen blieb: Albert Einstein. Ein prägnanter Name: Einstein. Berühmt und bekannt in der weiten Welt. Seinen Namen kennt (fast) jedes Kind und jede/r Erwachsene.
Albert Einstein wurde am 14. März 1879 in Ulm geboren und bekam 1921 den Nobelpreis für Physik für die Einführung des Begriffs der Lichtquanten und seine Arbeiten auf dem Gebiet der theoretischen Physik.
Seine Forschungen revolutionieren die Grundlagen der Physik: Es entsteht eine neue Auffassung über das Wesen von Raum und Zeit sowie eine neue Sicht der Schwerkraft. 1933, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, flüchtet er in die USA, wo er in Princeton (New Jersey) eine Anstellung am Institute for Advanced Studies erhält. Nach dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki durch die US-Luftwaffe 1945 engagiert er sich für die friedliche Nutzung der Atomenergie. Am 18. April 1955 stirbt er in Princeton (New Jersey).
Albert Einstein hat eine Vielzahl an Zitaten und Aphorismen hinterlassen. Eines der berühmtesten ist: „Gott würfelt nicht!“ Aber auch: „Das Problem ist heute nicht die Atomenergie, sondern das Herz des Menschen.“ „Es gibt weder große Entdeckungen noch wahren Fortschritt, solange noch ein unglückliches Kind auf der Welt ist.“ Oder: „Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles eines. Ich glaube an Letzteres.“ Fastengedanken der anderen Art.
Der christliche, personale Gott war nicht der Gott Einsteins. Er glaubte nicht an die Existenz eines Gottes der traditionellen Religionen, der Gebete anhört und Wunder vollbringt. Sein Gott war ein kosmischer, unpersönlicher Gott, ein tiefgründiges Geheimnis der Welt, an dem sich religiöse Gefühle entzünden. »Es gibt keinen Zufall und keine Freiheit«
Welches Bild mache ich mir von Gott?
Samstag, 17.03.2007
25 – Mühl:Stein
![Mühlstein](images/2007/25-muhlstein.jpg)
Ein selten gewordener Stein: Der Mühlstein. Er ist in den letzten Jahrzehnten weitgehend verschwunden, wurde ausgemustert, weggestellt, oder verräumt. Manche liegen versteckt oder unbeachtet in Scheunen oder alten Geräteschuppen herum. Mühlsteine, wie der auf dem Bild nebenan.
Von der Vorgeschichte bis in die jüngste Vergangenheit haben Mühlsteine eine wichtige Rolle im Prozess der Herstellung von Mehl und in der Verarbeitung des Hauptnahrungsmittels der Völker Europas gespielt. Ebenso sind die Menschen im Verlauf der vergangenen Jahrtausende zu einer immer strengeren Auswahl der für die Mühlen bestimmten Gesteine übergegangen. Sogar spezielle Steinbrüche - die Mühlsteinbrüche – wurden eröffnet.
Ja, sie waren lebensnotwendig, die kleinen oder großen Mühlsteine in den Mühlen am Wasser oder angetrieben vom Wind. Von vielen Völkern in ihrer jeweils eigenen typischen Form entwickelt. Ohne sie gab es kein Brot.
So waren Mühlsteine Steine für das Leben.
Seit langem sind Mühlsteine ein deutliches Symbol für das Zerriebenwerden.
Zwischen die Mühlsteine der „Großen“ geraten, sei es im Krieg oder im Alltag,
das wünscht sich niemand. Davor bewahre uns der „lebendige“ Gott.
Mühlsteine haben viel mit Bedrohung und Opfer, mit Transformation zu tun.
Sie zerkleinern das, was zwischen ihre Flächen gerät. Verwandeln es.
Manchmal hat man persönlich das Gefühl, aufgerieben zu werden.
Zwischen zwei Mühlsteine geraten zu sein. Vernichtet, verdrängt, vergessen.
Wie kann ich dem entrinnen? Was kann ich dagegen tun?
Mühlsteine fungieren als Bilder der konkreten Bedrohung und Auflösung.
Sie sind aus dem Erscheinungsbild unseres Alltags weitgehend verschwunden.
Darum sollten wir ruhig das Bild des Mühlsteins in diesen Tagen
für uns selbst bedenken und entfalten. Müsste man nicht auch mit bedenken,
dass es ohne Hingabe und Auflösung keine Erlösung, kein Heil gibt?
Die Fastenzeit ist eine gute Gelegenheit, unsere Mühlsteine genauer anzuschauen
und wieder neu zu lernen, dass es eine Zeit der Freude und des Heils gibt.
Welche Begriffe, Bedrohungen und Ängste stehen auf unseren Mühlsteinen?
Helmut Loder
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