LoderNet.com / Helmut Loder
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Im Faden-Kreuz.
Behelf

von

"Manche verstricken sich so tief in Oberflächlichkeiten,
dass sie den Faden zu ihrem Inneren verlieren!" (Ernst Ferstl)

Ausgangspunkt

Wie oft hören wir die Formulierung: Im Faden-Kreuz. Wir haben ihn endlich im Fadenkreuz! Erledigt. Treffer. Niemand ist gern im Fadenkreuz der Medien, der Jäger, der Rücksichtslosen auf der Straße. Niemand ist gern Zielscheibe der Gewalt, des Todes.

Jesus aber geriet ins Fadenkreuz der Mächtigen zu seiner Zeit. Ins Fadenkreuz der Neugier, der Aufmerksamkeit, der Sensationsgier, der Lust an der Ohnmacht des Opfers, ... Auf dem Weg in den Tod. Wie oft werden auch wir angehalten, langsamer zu fahren, weniger zu essen. Anhalten, stehen bleiben und ausruhen. Jesus wird auf seinem Weg öfter stehen geblieben sein. Freiwillig wohl kaum. Immer wieder sollten auch wir in unserem Leben anhalten, um uns Zeit zu nehmen für Gedanken nach dem Warum, Wann und Wer! Anhalten tut gut. Besonders in der Fastenzeit. Deshalb nenne ich die Stationen dieses Kreuzweges "Anhaltungen". Anhaltend wie langwierig.

Umsetzung

Vor 2 Jahren erschien der Kreuzweg "im kreuz-feuer". Unter dem Titel "im faden-kreuz" lege ich heuer quasi als Fortsetzung wieder einen Kreuzweg mit Texten, Anregungen, Hinweisen und einem Datenträger zum Bearbeiten der Texte vor.

Dieses Modell soll von neuem ein Anreiz sein, selbst eine etwas andere Art des Kreuzweges mit und für junge Menschen zu initiieren, zu gehen und zu gestalten. Natürlich müssen dabei die notwendigen Anpassungen an das jeweilige regionale Umfeld (Schulsituation, Pfarre, kirchliche Örtlichkeit/en, Lehrerkollegium, ...) und die eigene Einstellung mitbedacht werden, aber vielleicht sind diese Unterlagen ein erster brauchbarer Ausgangspunkt für einen Versuch in diese Richtung.

Selbstverständlich ist es vorstellbar bzw. sogar notwendig, die Impulse zu verkürzen, neue Schwerpunkte zu setzen und andere Zeichensetzungen einzubringen.

Inhaltliches

"im faden-kreuz" ist eine ungewöhnliche Kreuz-Weg-Meditation mit 8 Anhaltungen auf dem Schmerzensweg, von einem Punkt des Lebens bis zum schrecklichen Tod am Kreuz.
Warum überhaupt Anhaltungen statt Stationen?

Ein paar Gedanken zum Bild-Wort "Anhaltungen"

Stopp! Halt! Halten Sie an! Wir kennen diese Aufforderung zumindest aus dem Straßenverkehr, und haben Sie vermutlich schon öfter gehört. Oder sind mit der HALTE-Kelle, mit diesem optischen Signalstab, zum Stehen gebracht worden. Vor einer Bau- oder Unfallstelle, vor einer Umleitung, bei einem Stau oder ähnlichen Ereignissen. Ein Haltezeichen als Unterstützung und Hilfsmittel. Aber angehalten werden kann man auch im profanen Alltag. Oder im Religiösen, beim Kreuzweg. Dann ist es ein anderer Name für eine Kreuzwegstation, eine Anhaltung. Haltmachen. Stehen bleiben. Eine Nachdenk-Pause einlegen, für unsere Zeit, um die Menschen auf dem Todesweg Jesu kennen zu lernen. Diejenigen, die mitgegangen sind. Und mit jenen zu konfrontieren, die heute unterwegs sind. Auch auf den Leidenswegen der Menschen. Sie anzuhalten und aufzuhalten. Das ist eines der Ziele dieser Kreuzweg-Meditation. Damit wir anfangen, nachzudenken, wohin dieser Weg führt. AnHALTen. 8 Mal auf dem Weg Jesu in den Tod. 8 Anhaltungen.

... und zum Bild-Wort "Fadenkreuz"

Einerseits das Kreuz. Ein Fadenkreuz. Im Fadenkreuz entdecken. Beobachten. Meist verbinden wir das mit der Optik einer Schusswaffe.
Bei diesem Kreuzweg aber werden die zwei Balken durch Fäden geschlungen, kreuzförmig über den verschiedenen Bildern. Zum Beispiel über einem "Bild" von Pilatus, Veronika oder Josef von Arimathäa. Diese und andere "Personen" des Kreuzweges finden sich nämlich "im Fadenkreuz" unserer Aufmerksamkeit, unserer Nachdenklichkeit, unseres Interesses am Leiden und Sterben Jesu. Sie sind angehalten, ihren Standpunkt zu artikulieren. Auszudrücken, was sie erlebten und wie sie (vermutlich) dachten.

Im Fadenkreuz der Neugier. Im Zentrum der Anteilnahme. Der Kreuzweg als scharf fokussierte Glaubensmeditation. Im Fadenkreuz. Damit wir nicht den Faden verlieren, wenn es um Leid, Tod, Kreuz und Auferstehung geht.
Um diese schreckliche Realität auszudrücken, werden vor die Papier-Bilder der handelnden Personen "Faden-Kreuze" geschlungen.

Die Themen

Die Themen der Stationen und die handelnden Personen:
1. Anhaltung: Kreuz-Gehör [Pontius Pilatus - ein/e Richter/in]
2. Anhaltung: Kreuz-Balken [röm. Soldat - Soldat der Gegenwart]
3. Anhaltung: Auf-Kreuzen [Simon von Cyrene - Rotkreuzhelfer/in]
4. Anhaltung: Durch-Kreuzt [Veronika - eine Hilfsarbeiterin]
5. Anhaltung: Kreuz-Weh [eine weinende Frau - Drogen-/Tablettensüchtige/r]
6. Anhaltung: Im Faden-Kreuz [röm. Hauptmann - Asylant/in]
7. Anhaltung: An-Gekreuz(ig)t [Josef von Arimathäa - Priester]
8. Anhaltung: Weg-kreuz [Jesus, der Aussteiger - Du und ich]

Zwischendurch immer wieder neu aufflammende Fragen nach dem Sinn dieses Leidens,
außerdem: Ein paar Brandreden gegen die fast überall greifbare Herz- und Gefühllosigkeit,
damals wie heute. Und nicht zuletzt ein sehnsüchtiger AusBlick in Richtung ÜberLeben,
Auferstehung inbegriffen.

(Vor jedem Textblock wird ordentlich mit Holzstöcken geschlagen und getrommelt)

Kreuz-Gehör [Pilatus - Richter/in]
Schon gehört: Unschuldig soll er sein. Vom Verurteilen und Verurteilt werden.
Sich die Hände in Unschuld waschen. Gegen jede Vernunft.

Kreuz-Balken [Soldat -Soldat der Gegenwart]
Ein Kreuz aufgelegt bekommen. Sich nicht wehren können.
Vom Krieg gegen die Armen und von der Sinnlosigkeit.

Auf-Kreuzen [Simon - Rotkreuzhelfer/in]
Vom Abwenden und Hinschauen. Vom Zupacken und Aufhelfen. Sich gestützt wissen.

Durch-Kreuzt [Veronika - Hilfsarbeiter/in]
Vom Röntgenbild der Anteilnahme. Vom Hilflossein. Sich der Not und dem Leid aussetzen.

Kreuz-Weh [weinende Frau - Drogen- oder Tablettensüchtige]
Vom AufSchrei der Verzweiflung. Vom Schmerz der Liebe. Sich ausweinen dürfen.

Im Faden-Kreuz [Hauptmann - Asylant/in]
Vom Betroffensein und Erkennen.
Vom Abwehren und Gejagtwerden: Zuflucht suchen, Zuflucht finden.

An-Gekreuz(ig)t [Josef von Arimathäa - Priester]
Von der nicht ausrottbaren Hoffnung wider alle Vernunft.

Weg-Kreuz [Jesus - und ich, du, wir alle]
Vom rätselhaften Schrei "Warum?", von der Liebe Gottes. Und vom Galgen, der zum Leben führt.

 

Sinnliches

Die praktischen Erfahrungen mit dem Kreuzweg "im faden-kreuz"* zeigten, dass bei Gestaltung aller 8 Anhaltungen mit einer zeitlichen Länge von gut 90 Minuten zu rechnen ist. Die einzelnen "Stationen/Anhaltungen" sollten auf jeden Fall gut vorbereitet werden, besonders in Hinsicht auf die konkreten Materialien wie die benötigten Holzbildrahmen mit den Schnüren oder Wollfäden, den "Namens"-Startnummern und den Kerzen zum Mittragen.
Improvisationsvermögen, Gelassenheit und Spontaneität sind außerdem immer von Vorteil.

Die Reaktionen der jungen Leute waren durchaus positiv. Die Aussagekraft der einzelnen aktualisierten und sehr sinnenhaft angelegten Stationen konnte ohne weiteres nachvollzogen werden.

Jede "Anhaltung" besteht aus

Als Beispiel: Die erste Anhaltung

1. Anhaltung: Kreuz-Gehör.
Hinweise: Eine Gruppe von Teilnehmer/inne/n trommelt und schlägt mit Holzstöcken oder anderen Schlaginstrumenten einen passenden Rhythmus, eine Schlagfolge, um die Aufmerksamkeit auf den Beginn des Leidensweges zu lenken. Ein Moderator tritt auf und führt in die "Kreuzweg-Anhaltung" ein.

Pilatus, mit einer Art "Startnummer" (mit seinem Namen darauf), hält sich unter den Teilnehmern im Hintergrund verborgen. Der "Richter" mit einem größeren Namenskärtchen auf der Brust, steht deutlich sichtbar neben Sprecher 1.

(laut und deutlich):
1. Anhaltung: Kreuz-Gehör
Habt ihr schon gehört? Er soll unschuldig sein. Aber er muss verurteilt werden. Wir müssen uns raushalten. Ich muss mich da raushalten. Ich werde meine Hände zum Zeichen meiner Unschuld waschen. Damit will ich nichts zu tun haben! Und selbst wenn er die Wahrheit sagt. Ich will nicht verantwortlich sein. Das geht mich nichts an ...

Der Holzbildrahmen mit dem "Pilatusbild" (vergrößerte Kopie des nebenstehenden Fotos) wird hochgehalten.

: Im Fadenkreuz unserer Neugier! Pilatus
: Achtung, Achtung, eine Durchsage: Hat irgendjemand von ihnen, den Landpfleger Pontius Pilatus gesehen? Wo sind Sie, Herr Pilatus? Bitte treten Sie nach vor, Herr Pilatus! Bitte kommen Sie zu uns!
: Ich komme ja schon, nur Geduld, die Welt geht nicht so schnell unter.
: Sie sind Pontius Pilatus, der den Rabbi Jeschua aus dem Dorf Nazaret verurteilt hat?
: Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber es stimmt, ich habe einen Aufrührer und Provokateur namens Jesus zum Tode verurteilt. Da war einfach nichts zu machen. Alle waren gegen ihn.

S: Alle?

: Ja, alle! Ich habe es deutlich gehört: Die Menge hat geschrieen und getobt. Ein aufgeputschter Pöbel, verführt, verblendet, manipuliert. Sie wollten seinen Tod. Sie warfen ihm vor, die Menschen aufzuhetzen, er sei gegen uns Römer. Als ob das nicht ohnehin alle sind. Ans Kreuz mit ihm, haben sie gerufen. Schrecklich, diese irregeleitete Meute.

: Ans Kreuz mit ihm!

: Hätten Sie nicht mehr Widerstand leisten können oder ihn überhaupt freisprechen?

: Gegen wen hätte ich Widerstand leisten sollen? Gegen den Hohen Rat? Gegen die Menge? Zu gefährlich. Und überhaupt weiß ich das heute nicht mehr so genau. Aber dieser Jesus war schon ein seltsamer Kerl ... (wird nachdenklich).

: Warum?

: Ich habe ihm gerne zugehört. Er sprach von der Wahrheit, als ob er sie gepachtet hätte und dass er ein König sei.

: Ein richtiger, echter König?

: Verrückt, nicht wahr? Eindeutig verrückt! Und dass sein Reich nicht von dieser Welt sei. Für mich war er ein Narr. Mit dieser Haltung, mit seiner Liebe, da war nichts zu machen. Zu weich für unsere Zeit. Immer wieder soll er von Gott geredet haben. Sinnlos und unvernünftig. Manche werden eben geopfert, verurteilt! Sündenböcke für die anderen Narren!

: Ans Kreuz mit ihm! Ans Kreuz mit ihm!

: Was haben Sie von seinem späteren Schicksal gehört?

: Er ist gekreuzigt worden und soll nach drei Tagen wieder auferstanden sein. Das haben zumindest seine Freunde und Anhänger erzählt. Ich habe es nicht geglaubt, aber seltsam berührt von unserer Begegnung war ich damals schon. Das können sie mir glauben!
: Ich danke Ihnen für das Gespräch. Wir haben gehört, Pilatus findet Jesus eigenartig. Er erinnert sich an die Frage nach der Wahrheit. Aber sie hat keine Rolle gespielt. Kreuz-Gehör. Er gehört ans Kreuz.

: Ans Kreuz mit ihm!

: Im Fadenkreuz unserer Neugier: Pilatus!

Ein Faden-Kreuz wird gesponnen. Im Holzrahmen sind 4 Nägel/Schrauben eingeschlagen, um die herum kreuzförmig ein Stück Wolle oder Schnur geschlungen wird, damit daraus ein "Faden-Kreuz" entstehen kann. Währenddessen könnte ein Lied gesungen oder ein Instrumentalstück eingespielt werden. (Zum Beispiel: Die Sache Jesu braucht Begeisterte)

(ergreift nun laut das Wort): So etwas wäre heute natürlich nicht möglich!
: Tatsächlich? Gibt es nicht immer noch aufgehetzte grölende Menschenmassen in vielen Ländern? Hass- und Todesparolen? Lynchjustiz? Erkaufte Wahrheiten?
: Manchmal vielleicht. Aber wir sind immer auf der Suche nach Wahrheit. Wir urteilen und verurteilen aus bestem Gewissen.
: Die Wahrheit wird gesucht! Die Wahrheit wird gesucht!
: Gibt es nicht meist "mehrere" Wahrheiten?
: Ich denke schon. Aber alle Richter dieser Welt versuchen die Wahrheit des Lebens zu finden. Und danach zu urteilen. Manchmal ist es ungeheuer schwierig.
: Wie ist das mit der Todesstrafe? Warum werden noch immer in vielen Ländern der Erde Menschen auf dem Elektrischen Stuhl getötet? Sogar in Ländern, die sich rühmen, die Menschenrechte zu verteidigen? Immer wieder stellt sich heraus, dass auch Unschuldige hingerichtet wurden. Kreuz-Gehör und Todesstrafe. Gehört sich das Kreuz mit der Todesstrafe?

: Entzünden wir eine Kerze für die unschuldig Verurteilten, für die zum Tode Verurteilten!
(Die Kerze sollte - wenn der Kreuzweg im freien Gelände gebetet wird - unbedingt durch ein Glasgefäß geschützt werden)

: Vater im Himmel, wir bitten dich, lass all die Verzweifelten und Hoffnungslosen in ihrer Not nicht allein, gib uns die Kraft zur Wahrheit. Denn Wahrheit ist Liebe und Liebe will Leben. Die Lüge bringt den Tod. Die Liebe aber lässt leben.

Der Moderator gibt das Zeichen zum Aufbruch. Der Kreuzwegszug zieht weiter zur nächsten Anhaltung. Dort angekommen, gibt der Moderator mit der Halte-Kelle das Zeichen zum Stehen bleiben.